10.09.2010: Schauer mit Böenfront und Fractus

  • EDIT Markus 19.39 Uhr: Threadtitel von "Wallcloud mit verdächtigen Formationen 10.09.2010" umgeändert in "10.09.2010: Schauer mit Böenfront und Fractus"


    Hallo. Hier die Böenfront die auch Pierre eingefangen hat. Vom Zug aus und später mit dem Auto zeigte sich im Norden eine starke Absenkung. Ich gehe in diesem Fall stark von einer Wallcloud aus, da eindeutig Rotation zu erkennen war. Als sie sich näherte nahm der Wind sehr stark zu und drehte auf Süd, sodass er direkt hinein wehte. Vom Autobahnzubringer zwischen Worbis und Leinefelde zeigte sich Richtung Hundeshagen ein stark rotierendes fractusartiges Gebilde, dass bis zum Boden reichte. Ich lehne mich mal aus dem Fenster und sage, dass es keine Schäden gab und ein Tornado somit ausgeschlossen werden kann.


    Das hier ist vom Zug aus in Beuern (oder Beuren?) Richtung Norden aufgenommen. Die Absenkung sah einmal aus wie eine Spirale, die sich nach unten wickelte. Ich hatte mühe eine Baumlücke zum Fotographieren zu finden.



    Diese verdächtig rotierenden bis zum Boden reichenden Fracti überzeugten meinen Vater (der mich in Leinefelde vom Bahnhof abgeholt hatte), mal einen kleinen Umweg nach Breitenbach zu machen. Über dem Klien (Höhenzug) braute sich was zusammen.



    Während ich die Wallcloud nördlich vorbeiziehen lies (sie löste sich mittlerweile auf), sah ich zu wie die Fracti in meine Richtung rasten und ihre Struktur verloren. Man sieht gut die Turbulenz an der vorüberziehenden Böenfront. Standort Ortsausgang Breitenbach Richtung Hundeshagen.





    Das war mein zweites erfolgreiches Chasing dieses Jahr. Es dauerte zwar nicht lange und kam zeitlich etwas unpassend, aber besser als gar nix.




    Am Abend gabs noch nen entzückenden Sonnenuntergang.





    Hoffe es gefällt.




    Gruß und Gut Pfad,


    Olli.

  • Oliver, mit einer Wallcloud hat das hier gar nichts zu Tun! Ich sehe nichts Anderes als eine Böenfront/-walze auf den ersten Fotos mit großen Wolkenfetzen. Umso mehr bin ich beeindruckt, dass du die Rotation aus einem fahrenden Zug eindeutig erkennen konntest, denn dann muss sie ja wirklich schnell gewesen sein und so etwas gibt es nur bei Superzellen mit viel Energie, die soweit ich weiß, an diesem Tag nirgends zu finden waren.


    Hast du Erfahrungen oder Lehrmaterial zum Erkennen und Identifizieren von Wallclouds, Superzellen etc., dass du dafür einsetzt? Zeige mir bitte Beispiele wo noch solche sichere Böenwalzengebilde mit Fractus als Wallclouds gezeigt werden!

    1. Vorsitzender Thüringer Storm Chaser e.V.
    ESSL Voluntary Observer Person (Qualitätslevel QC1) (European Severe Storms Laboratory)
    Weitere Mitgliedschaften: Member of AMS Weatherband · Premium Advanced Spotter (Skywarn Deutschland e.V.) · Arbeitskreis Meteore e.V.

  • Hey Oli


    Nix für ungut aber ich muss mich Markus anschließen.
    Wenn du meinen threat vom 24.07.2009 mal suchst und reinschaust, dann siehst du ebenfalls eine Böenfront die fast genau solche Strukturen bzw. Bewegungen hervorbrachte.


    Aber trotzdem schön eingefangen das Ganze.


    Lg Ric

  • Hallo. Hier die Böenfront die auch Pierre eingefangen hat. Vom Zug aus und später mit dem Auto zeigte sich im Norden eine starke Absenkung. Ich gehe in diesem Fall stark von einer Wallcloud aus, da eindeutig Rotation zu erkennen war. Als sie sich näherte nahm der Wind sehr stark zu und drehte auf Süd, sodass er direkt hinein wehte. Vom Autobahnzubringer zwischen Worbis und Leinefelde zeigte sich Richtung Hundeshagen ein stark rotierendes fractusartiges Gebilde, dass bis zum Boden reichte. Ich lehne mich mal aus dem Fenster und sage, dass es keine Schäden gab und ein Tornado somit ausgeschlossen werden kann.


    Das hier ist vom Zug aus in Beuern (oder Beuren?) Richtung Norden aufgenommen. Die Absenkung sah einmal aus wie eine Spirale, die sich nach unten wickelte. Ich hatte mühe eine Baumlücke zum Fotographieren zu finden.


    Hi Olli,


    nette Bildersches. Schließe mich allerdings ebenfalls meinen Vorrednern an und lege mich auf Böenwalze fest. Insbesondere auf Pierres Bildern im anderen Thread sieht man zweifelsfrei, dass es sich um eine klassische Böenlinie handelt. Das heißt, was hier verdächtig aussieht, ist bei nüchterner Betrachtung nichts anderes als die vom Abwind des Gewitters produzierte Kondensation, wie sie eben hundert Mal häufiger (sehr grob geschätzt ;) ) zu sehen ist, als eine echte Wallcloud. Da es sich um Abwind bzw. Gewitter-Outflow handelt, ist eine Wallcloud definitiv ausgeschlossen, da diese AUSSCHLIESSLICH unter dem Gewitteraufwind zu finden ist.


    Und abschließend ein nett gemeinter Hinweis: Kleinräumige Rotation findet man fast unter jedem noch so kleinen Schauer, sodass man zwischen mesozyklonaler und turbulenzbedingter Rotation häufig nur schwer unterscheiden kann. Erstere ist IMHO sogar schwerer zu identifizieren, da großräumiger und somit langsamer und weniger augenscheinlich. Struktur macht hier die Beurteilungs-Musik 8) . Eine richtig rotierende Wallcloud würdest Du allerdings ebenfalls problemslos erkennen. Aber Thüringen ist leider nicht das große Wallcloud-Mekka ...



    Schöne Grüße,
    Ciao KarSteN

  • Anscheinend gefallen Euch die Bilder. War zwar schwer rauszuhören ;) , aber hier noch einmal meine Beobachtung. Es handelte sich nicht um den Abwind sondern um den Aufwind. Das war unschwer zu erkennen, da ich noch nie eine so schnelle Kondensation in der Realität gesehen habe. Die Rotation war nicht kleinräumig. Kleinräumige turbulente Rotationen hab ich schon oft gesehen und gefilmt. Hierbei rotierte aber die gesamte Absenkung. Ich ging allerdings nicht von einer Superzelle aus, da ich keinen Fall kenne, in der eine Mesozyklone mitten in eine Böenfront eingelagert ist. Unter der Absenkung ging kurzzeitig die Kondensation bis zum Boden und rotierte ebenfalls. Es wirkte aber eher schleierartig (halt nicht tornadotypisch).


    Wie ich auch schon Markus gesagt habe, sind Wallclouds weder von Rotation noch von Superzellen abhängig, sondern allein von starken Aufwinden, die feuchte Luft aus dem Niederschlagsbereich saugen und dadurch ein niedrigeres Kondensationsniveau besitzen. Natürlich werden Wallclouds in den meisten Fällen bei SZ beobachtet, da hier Auf- und Abwind stark voneinander getrennt und somit besser sicht bar sind. Das heißt nicht, dass jeder Böenkragen auch als Wallcloud bezeichnet werden kann.


    Bei der Convention wurde deshalb auch schon bezüglich der Meldewürdigkeit von Wallclouds diskutiert. Es sollen in Zukunft nur noch sehr dynamische und sichtbar rotierende Wallclouds sofort gemeldet werden. Ein Kriterium, das in diesem Fall durchaus gegeben war.


    Die Differenzierung ist also wichtig. Dieser Fall hier ist für mich daher besonders schwierig. Da ein rotierender abgesenkter Aufwind vorhanden war (Mesozyklone?), das ganze aber dennoch in eine Böenfront eingelagert und auch von dieser beherrscht war (Niederschlagsbereich usw.).



    Ich hoffe, ich konnte damit einige Zweifel an meiner Einstufung ausräumen. Ich schreibe das ja nicht aus Jux und Tollerei oder um Aufmerksamkeit zu erwecken. Dann hätte ich nämlich geschrieben: "Irre tornadische Superzelle im Eichsfeld 10.09.2010".



    Grüße und Herzlichst Gut Pfad,


    der Olli (der immer wieder schweren Herzens seine Heimat verlassen muss)

  • Hi Olli,


    Anscheinend gefallen Euch die Bilder. War zwar schwer rauszuhören ;) , aber hier noch einmal meine Beobachtung. Es handelte sich nicht um den Abwind sondern um den Aufwind. Das war unschwer zu erkennen, da ich noch nie eine so schnelle Kondensation in der Realität gesehen habe. Die Rotation war nicht kleinräumig. Kleinräumige turbulente Rotationen hab ich schon oft gesehen und gefilmt. Hierbei rotierte aber die gesamte Absenkung. Ich ging allerdings nicht von einer Superzelle aus, da ich keinen Fall kenne, in der eine Mesozyklone mitten in eine Böenfront eingelagert ist. Unter der Absenkung ging kurzzeitig die Kondensation bis zum Boden und rotierte ebenfalls. Es wirkte aber eher schleierartig (halt nicht tornadotypisch).


    Du hast es gesehen und kannst es somit am besten beurteilen. Den Bildern nach zu urteilen ist es weder eine Mesozyklone, noch ein typischer Aufwind-Fraktus, denn der wäre eher bandartig (bspw. in Form eines inflow-tail) organisiert. Wie gesagt, Pierres Bilder sprechen eine ziemlich eindeutige Sprache. Spätens das 2.Bild ist allerdings auf JEDEN Fall outflow ... da lege ich mich felsenfest ;)



    Wie ich auch schon Markus gesagt habe, sind Wallclouds weder von Rotation noch von Superzellen abhängig, sondern allein von starken Aufwinden, die feuchte Luft aus dem Niederschlagsbereich saugen und dadurch ein niedrigeres Kondensationsniveau besitzen. Natürlich werden Wallclouds in den meisten Fällen bei SZ beobachtet, da hier Auf- und Abwind stark voneinander getrennt und somit besser sicht bar sind. Das heißt nicht, dass jeder Böenkragen auch als Wallcloud bezeichnet werden kann.


    Ich wiederhole: NUR wenn es ein Aufwind war ... was zumindest die Bilder nicht bestätigen!



    Bei der Convention wurde deshalb auch schon bezüglich der Meldewürdigkeit von Wallclouds diskutiert. Es sollen in Zukunft nur noch sehr dynamische und sichtbar rotierende Wallclouds sofort gemeldet werden. Ein Kriterium, das in diesem Fall durchaus gegeben war.


    Die Differenzierung ist also wichtig. Dieser Fall hier ist für mich daher besonders schwierig. Da ein rotierender abgesenkter Aufwind vorhanden war (Mesozyklone?), das ganze aber dennoch in eine Böenfront eingelagert und auch von dieser beherrscht war (Niederschlagsbereich usw.).


    Das ist ein sehr zweifelhaftes Kriterium, da Böenwalzen mindestens ebenso turbulent sind und vor allem meist beeindruckender, da sie an der Vorderseite der Gewitterlinie situiert sind. Die Wallcloud ist hingegen oft recht unscheinbar bzw. kaum vorhanden und dennoch handelt es sich um eine böse Mesozyklone. Do you see the point?


    Nochmal, wenn Du Dich anhand Deiner Beobachtungen auf Aufwind festlegst, dann brauchst Du hier keine weiteren Fragen zu stellen, da es die Bilder nicht hergeben. Die musst Du Dir dann schon selbst beantworten 8)


    GTZ KarSteN

  • Ich schließe mich Karsten an.


    Ich hatte im vergangenen Jahr innerhalb von 3 Tagen 2 Böenwalzen und beide waren sehr turbulent, ähnlich wie auf deinen Bildern. Durch die turbulente Bewegung konnte auch ich kleinräumige Rotationen wahrnehmen. Aber im Nachhinein, als ich mir die Bilder nochmal in Ruhe angeschaut habe, war für mich der Abwind die Ursache für die teilweise "spektakuleren" Strukturen. Somit kann ich auch Ollis Schilderung nachvollziehen.


    Lg Ric