Thread (Schwer)Gewitterlage am 12.05.2015

  • Hallo,


    die kommende Woche, speziell am Montag werden sommerliche Temperaturen erwartet, die bis an die 30°C erreichen können. Eine Kaltfront aus südöstlicher Richtung trifft am Dienstag auf schwülwarme Luftmassen, sodass es zu Gewittern mit Unwetterpotential kommen kann. Hagel und schwere Sturmböen sind nicht ausgeschlossen. Nach jetzigen Stand kann es in ganz Thüringen ab und anmal ungemütlicher werden! Karten und weitere Einschätzungen von euch sind gerne erwünscht.
    LG. Christian



    Quelle: Wetteronline

  • Guten Abend,


    generell sollte man die Parameter für die mögliche Schwergewitterlage am kommenden Dienstag mit einem besonders wachsamen Auge verfolgen. Für Details ist es zwei Tage im Voraus noch zu früh, daher möchte ich an dieser Stelle nur schon einmal grob analysieren, was möglich ist und auf diverse Unsicherheiten in der Vorhersage eingehen.


    Thüringen befindet sich am Dienstag auf der Trogvorderseite unter einer strammen west-südwestlichen Höhenströmung. Dabei fließt feuchtwarme Meeresluft ein, die unter reichlich Einstrahlung am Vormittag erwärmt wird und somit weiten Teilen Thüringens und Mitteldeutschlands einen Sommertag (> 25°C) bescheren dürfte. Bereits am Nachmittag erreicht uns jedoch die Kaltfront eines Nordmeertiefs, was den Frühsommerfreuden alsbald ein jähes Ende bescheren sollte.


    Nach GFS bildet sich vor dieser Kaltfront zum späten Nachmittag/Abend eine markante Konvergenz aus, welche auch in der Höhe gut durch Divergenz am rechten Jetausgang* forciert wird. Gleichzeitig baut sich hiernach in einem Streifen quer über Deutschland infolge der Einstrahlung Labilität auf, welche in ML-CAPE-Werte bis zu 1500 J/kg münden würde (WZ-WRF). Gepaart mit hochreichender Scherung stehen somit alle Zutaten für organisierte Konvektion bereit. Denkbar wären einige Superzellen, die dann aber rasch in eine massive Squall Line übergehen, die das Land von NW nach Südost überquert. Die Gefahren würden dann vor allem in Sturm-/Orkanböen, sowie ggfs. größerem Hagel liegen.


    Bewusst habe ich sehr oft den Konjunktiv verwendet, da die Lage nach Lesart des DWD aufgrund von Unterschieden in den Modellrechnungen noch sehr unsicher ist. Das betrifft vor allem mögliche, fehlende Hebung (Nähe zum Trog?), sowie die räumliche Positionierung, die in den Vorläufen des GFS immer wieder schwankte und Thüringen weitgehend außen vor ließen.


    Morgen dann ein entsprechendes Update, je nach Modell-Lage.


    * Habe mich hier nochmal belesen. In der Regel ist der rechte Jetausgang eher schlecht für die Tiefdruckentwicklung/Hebung, sodass dies einen limitierenden Faktor für die Gewitterentwicklung darstellt. Weiterführende Erklärungen würden an dieser Stelle aber zu weit führen.

    - wetterinteressiert und unwetterbegeistert seit Beginn der 2000er Jahre
    - TSC-Mitglied seit 2007
    - aktiver Chaser seit 2010

    - als Spotter "zur Ruhe gesetzt" seit 2018

    Einmal editiert, zuletzt von Chris () aus folgendem Grund: Hinweis auf Jetausgang missverständlich

  • UPDATE: Top oder Flop?


    In Kürze noch einmal ein paar Details zu morgen:


    Im Wesentlichen bleibt alles wie gehabt, Konvektion wird in den neuesten GFS/WRF-Läufen insgesamt etwas östlicher und etwas "vereinzelter" berechnet, aufgrund der angesprochenen Bedingungen könnte der Fokus somit noch mehr auf zügig ziehenden Superzellen liegen, das Potential ist dafür auf jeden Fall vorhanden. Diese würden sich an einer markanten Konvergenz am Nachmittag, vielleicht auch erst am späten Nachmittag entwickeln können, die zum Abend hin weiter nach Osten schwenkt.


    Die Gefahren sind dabei auf den relativ schmalen Korridor der Konvergenz begrenzt (davor ist CIN zu hoch, dahinter folgt gleich die Kaltfront), wo sich alle günstigen Zutaten überlappen können. Dabei kann die gesamte Bandbreite unwetterartiger Erscheinungen ausgeschöpft werden, wobei die Prioritäten in erster Linie auf dem Wind (Sturm-, vlt. vereinzelte orkanartige Böen) und in zweiter Linie auf Hagel (um 3 oder 4 cm) liegen. Bei stärker rotierenden Zellen können hier durchaus heftige Downbursts drin sein. Das Tornadopotential halte ich aufgrund des hohen LCL für gering, völlig auszuschließen sind sie jedoch nicht!


    Nun zum großen ABER: Nach dem DWD-Modell COSMO-DE (Synop. Übersicht) wäre die Deckelung zu stark für Auslöse hochreichender Konvektion, was einen weitgehend unspektakulären Kaltfrontdurchgang bedeuten würde (bis auf etwas stärkeren Wind). Daher gilt es, insbesondere die Faktoren Einstrahlung + Labilitätsaufbau, Feuchte und Konvergenzbildung im Nowcast morgen im Auge zu behalten, evtl. morgen in der Shoutbox dazu ein paar Hinweise.


    Zum Abschluss noch die exklusive Chasingempfehlung* von Markus und mir:


    Die "westlichen" Chaser sollten die Chance haben, die ersten Entwicklungen am Nachmittag abzufangen und sich dann über die A4/A38 zügig ostwärts zu verlagern. Entweder ihr positioniert euch bei Eisenach (Abfahrt Ost oder Sättelstädt), an der A38 oder an der A71 bei Sömmerda). Je weiter nach Osten, umso später das Eintreffen, dort mehr zum späten Nachmittag / Abend. An der A4 und auch A9 entlang gute Chancen, auch um eventuell nochmal vorweg zu fahren. Generell bei zügig ziehenden Zellen frühzeitig positionieren und die A4/A38 als mögliche Fluchtrouten einplanen. Alles Weitere muss man im Nowcast sehen.


    Fazit (von Chris): Totaler Flop.


    Fazit (von Markus): Total Top.


    Morgen wird sich dann erst zeigen, welche Realität wirklich geschrieben wird.
    Wie Sie wissen, wissen Sie nichts.


    * Gibt es bald auch als Abo für 2,75€ im Monat. :D

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  • Ergänzend auch noch ein paar Worte von Thomas Saevert: https://www.facebook.com/Torna…8332946:0?hc_location=ufi


    Ansonsten besten Dank für die Einschätzung, Chris.

    1. Vorsitzender Thüringer Storm Chaser e.V.
    ESSL Voluntary Observer Person (Qualitätslevel QC1) (European Severe Storms Laboratory)
    Weitere Mitgliedschaften: Member of AMS Weatherband · Premium Advanced Spotter (Skywarn Deutschland e.V.) · Arbeitskreis Meteore e.V.


  • Zitat

    A level 1 was issued for NE France to E Germany, Poland and Czech Republic for chances of large hail, tornadoes and severe convective wind gusts.
    Quelle: www.Estofex.org


    Immerhin reicht es für ein Level 1 :-)

    "Sein wir realistisch, versuchen wir das Unmögliche" Che Guevara


    Alles so geschriebene bin ich als Moderator, und alles so geschriebene ist meine freie Meinung...

  • Eichsfeld aufgepasst, Wartburgkreis etwas später, es beginnt nun langsam von Westen her. Die ersten Zellen entwickeln sich.

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  • Einige Bilder aus dem Südwesten von Thüringen... Irgendwie gabs nichts sehenswertes, die WAK-Zelle konnte ich noch lange beobachten, war aber für Bilderdoku zu weit weg.


    Zelle von Meiningen (Handy)



    mit Blick nach Dreissigacker



    Mammati vor der Haustür




    Die Unterfrankenzellen waren total verwaschen und einheitsgrau, sind auch wieder mal Richtung HBN abgezogen...


    Wie immer einfache Bilder- Schwerpunkt Wetter- und keine Bildbearbeitung :zwinker

  • Immer diese verdächtigen Strukturen an solchen Tagen... Kölleda-Kiebitzhöhe, zusammen mit Carsten:


    Das dürfte die Zelle von Andreas am Ende ihres Lebens sein.


    LG

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  • Erster Schadensüberblick aus Thüringen


    Unwetter in Thüringen
    Bei den Unwettern in Nordthüringen sind vielerorts Bäume umgestürzt.
    In Heiligenstadt traf ein kippender Baum das Dach eines fahrenden PKW.
    Der Fahrer blieb unverletzt. Auf einem Grundstück in Nordhausen fiel ein
    Baum auf drei abgestellte Autos. Auch hier wurde niemand verletzt. Nach
    Angaben der Eichsfelder Rettungsleitstelle sind derzeit zwölf
    Feuerwehren im Einsatz. Besonders in und um Teistungen sind Bäume
    umgestürzt. Mehrere Unwetterwarnungen für andere Teile Thüringens wurden
    inzwischen wieder aufgehoben.


    Quelle: MDR


    „Mein Grundstück ist weiß vom Hagel“ - Leser berichten von Unwettern in Thüringen
    http://www.thueringer-allgemei…en-von-Unwette-1876261124


    Kurzes und heftiges Unwetter tobte über dem Eichsfeld
    http://www.thueringer-allgemei…-dem-Eichsfeld-1943029434


    Überschwemmte Straßen und abgedeckte Dächer: Unwetter wütet im Südharz
    http://www.thueringer-allgemei…et-im-Suedharz-1380487431


    Kleine Windhose zerstört Dach des Konsums in Nohra.
    http://nordhausen.thueringer-a…nsums-in-Nohra-1074888873
    Quelle: Thüringer Allgemeine

    Unwetter tobte über den Landkreis Nordhausen

    http://www.nnz-online.de/news/news_lang.php?ArtNr=169915


    Windhose in Nohra
    http://www.nnz-online.de/news/news_lang.php?ArtNr=169924
    Quelle: NNZ

  • Hallo Leute,


    war ein netter Tag heute. Auch wenn ich bei weitem nicht so viele km wie Stephan und Ronny gemacht habe ( die beiden waren noch völlig aus dem Häuschen nach ihren ganzen Eindrücken :-)), so konnte ich den Tag als Erfolg verbuchen. Ich traf Marco und Jonas bei Mörsdorf und wir verbrachten eine tolle Zeit beim gemeinsamen Chasing. So muß das sein....und zu guter Letzt konnte auch ich den von Marco angesprochenen Naheinschlag festhalten. Zwar nicht mit Weitwinkel, aber erwischt ist erwischt und motiviert ungemein :-).


    Gruß
    Kay



  • So sah die Zelle, die Andreas an der Hainleite ablichtete, rund eine Stunde später westlich von Leipzig aus. Die Wallcloud ist weiterhin zu erkennen, wenngleich sie natürlich nicht mehr so ausgeprägt wie zu Beginn war.



    Bericht folgt in den kommenden Tagen.

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    Unwetter treffen vor allem den Norden Thüringens
    Nordhausen/Schleiz - Die von den Meteorologen für den Dienstag angekündigten Unwetter haben weitestgehend einen Bogen um Thüringen gemacht.


    Zwar entluden sich die ersten sommerlichen Gewitter über dem Freistaat, doch sie richteten nur im Norden einige Schäden an. Am frühen Dienstagabend stürzte in Nordhausen auf einem privaten Gelände ein Lindenbaum auf drei geparkte Autos. An den Fahrzeugen entstand ein Sachschaden von etwa 37.000 Euro. Menschen kamen nicht zu Schaden. In Heiligenstadt traf ein umknickender Baum das Dach eines fahrenden Pkw. Der Fahrer blieb unverletzt. Auch andernorts im Norden Thüringens knickten Bäume um.


    Ein Blitzschlag setzte die Telefonanlage der Polizeiinspektion Saale-Orla in Schleiz zeitweise außer Gefecht. Der Schaden wurde noch in der Nacht behoben. maz

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  • Den Dislike gibt es von mir für diesen Satz aus der Quelle:


    "Die von den Meteorologen für den Dienstag angekündigten Unwetter haben weitestgehend einen Bogen um Thüringen gemacht."


    Dieser führt die Unwetterwarnungen komplett ad absurdum und zeugt, auch in Anbetracht der Schäden, von einem grundlegenden Missverständnis der Meteorologie und statistischen Wahrscheinlichkeiten. Vielleicht hätte der Satz ja anders gelauten, wenn Menschen zu Schaden gekommen wären.

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  • Noch ein paar Bilder mit mehr dokumentarischem Wert von mir vom besagten Tag, welcher bei mir doch eher unspektakulär war, daher nur als Anhängsel in diesem Thread.


    Mammatus bei Bitterfeld-Wolfen:



    Verdächtige Strukturen bei Dessau... allerdings stieg hier vermutlich lediglich feuchte Luft hinter der ersten abziehenden Zelle auf, wodurch viele Fracti entstanden:



    Abwinde triggern Neuentstehung:



    Anschließend fuhr ich noch in Richtung Naunhof, wo mich mehrere Entwicklungen überraschten, da ich eigentlich bloß Tanken und etwas Essen wollte. Aufgrund aussichtsloser Aussichtspunktsuche musste ich mich zwangsläufig von der mittlerweile mehr und mehr entkoppelten Zelle überrollen lassen und bekam etwas Starkregen und einen Shelfcloudansatz von unten zu sehen. Die Zelle müsste in dem Bericht von Maurice auf dem vorletzten Bild zu sehen sein:



    Auch danach folgte noch eine Entwicklung mit netten Blitzen, doch auch da hatte ich so meine Probleme mit der Geschwindigkeit der Zelle und der rechtzeitigen Positionierung. In bester Erinnerung blieb mir aber ein aufdringlicher Pole an einem Rastplatz, der unbedingt mit meinem Handy telefonieren wollte.

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