USA Storm Chasing 2019 - Rückblick als Chaselog

  • Hallo zusammen,


    unabhängig vom Blog möchte ich hier im Forum noch einmal meine Bilder der einzelnen Tage und ein paar Gedanken dazu schreiben.


    Los geht's mit Chasing-Tag #1 am 17.05.2019:


    Nach Ankunft in Chicago am Vortag fuhren wir 1.200 km nach Nebraska. Wir erwarteten nicht viel weil wir nicht wussten ob wir noch rechtzeitig ankommen. Ein Gewitter wäre schön und ein Gewinn für die erste Jagd in den USA für Jörg und Felix. Wir erreichten die McCook [definition=101,0]Superzelle[/definition] vom Osten nach dem 1. [definition=107,0]Tornado[/definition]:


    Ein erstes Treffen mit Einheimischen am Straßenrand. Sie konnten sogar etwas deutsch und luden uns zu einer Party ein paar Tage später ein - müssen wir leider ablehnen, da sicherlich nicht mehr in der Ecke unterwegs. Dafür wollten sie uns unbedingt noch ihren Bullen im Anhänger vorstellen - Mr. Handsome :) Wegen dem Niederschlag einer Neuentwicklung fahren wir kurz einige hundert Meter zurück, kehren dann aber wieder an den 1. Punkt zurück:


    Die Regenvorhänge versperrten uns die Sicht auf den 2. [definition=107,0]Tornado[/definition] bei Farnam. Wussten wir zu dieser Zeit nicht.


    Als wir das Südende der [definition=101,0]Superzelle[/definition] erreichten, war es zu spät um ihr nochmal zu folgen. Die Rückseite an sich aber strukturell sehr fotogen:



    So haben wir wenigstens seltene Bilder der McCook [definition=101,0]Superzelle[/definition] ohne den [definition=107,0]Tornado[/definition] :grins, den gefühlt sonst jeder hatte.

    1. Vorsitzender Thüringer Storm Chaser e.V.
    ESSL Voluntary Observer Person (Qualitätslevel QC1) (European Severe Storms Laboratory)
    Weitere Mitgliedschaften: Member of AMS Weatherband · Premium Advanced Spotter (Skywarn Deutschland e.V.) · Arbeitskreis Meteore e.V.

  • Der zweite Tag (18. Mai 2019) führte uns südwärts an die Grenze Kansas/Oklahoma. Team Sachsen-Anhalt war ebenfalls von Westen her in das gleiche Gebiet unterwegs. Wir rechneten mit einzelnen Superzellen am Abend. Man musste nur die richtige heraus picken. Wie einfach, haha :)


    Bei Alva (Oklahoma), welches auch unser Zielort war, kam es zum Zellsplit. Der nördliche Teil war erst interessant:


    ...entschied sich aber bald zu sterben. Der südliche Teil hielt etwas besser durch. Den schauten wir uns mit einigen anderen an:


    Weiter südwärts erweckt eine zweite Zelle zwischen Cherokee und Carmen unser Interesse. Wir überholen sie als die [definition=115,1]Wallcloud[/definition] gerade in eine [definition=15,0]Shelfcloud[/definition] übergeht. An einer Kreuzung mahen wir halt:



    Wir halten noch zwei weitere Male als wir ihr voraus fuhren. Wir stehen direkt unter der Walze. Die Bewegung der verschiedenen Wolkenkanten an der Unterseite fasziniert uns und hypnotisiert regelrecht. Hoch, links, runter, rechts, weg, neu, jetzt da - so muss man sich es vorstellen.





    Wir fahren noch bis Enid und treffen dort auf das Team SA. Sie hatten die gleiche Zelle am Ende von Süden her noch erreicht. Beim Abendessen besprechen wir noch die ersten Eindrücke des Landes, der USA und den Plan für die nächsten Tage.


    Markus

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  • Aus der Reihe "Waaaaaasss, da seid ihr so viel gefahren?". Ja, sind wir! Das Land ist sehr groß!


    Mit Team SA fahren wir ins Texas Panhandle, wo wir für den übernächsten Tag ein Setup mit viel Dynamik erwarten. Auf dem Weg dorthin machen wir einen Abstecher zum El Reno - Denkmal von Tim Samaras und Co. Und wie es so ist treffen wir auch andere Chaser. Darunter ist Stavros aus Griechenland, den ich schon länger virtuell kenne. Er ist mit einer Gruppe US-Chasern unterwegs. Wir kommen alle ins Gespräch und machen noch ein Gruppenfoto:


    Der Rest des Tages ist fahren, kurz Pause machen und wieder fahren - bis wir in Childress, TX ankommen. Dort stoßen Ronny und Luise zu uns. Und: Wir quatschen noch mit einem Chasing-Team aus Neuseeland. Die ganze Welt ist da - die Bewohner vor Ort sehen die Welt jedoch meist nur bis zur nächsten Stadt...


    Das SPC gibt ein High Risk heraus - also kein schöner Tag aus Sicht eines Chasers wie auch für die Bewohner. Viel Dynamik, viel Feuchte, viel Energie. Viele Superzellen sind möglich und zahlreiche Tornados. Man möchte eigentlich gar nicht jagen, tut es dann aber doch. Wer kann da schon ruhig bleiben und es vollkommen ignorieren?


    Da der High Risk-Tag auch der erste Tag mit der gesamten Truppe und 3 Fahrzeugen ist, die zum erstmal Mal koordiniert werden müssen, bin ich durchaus nervös und gehe lieber auf Nummer sicher - also mit mehr Abstand. Wir machen vor dem Start noch eine Vorbesprechung und verlagern uns südwärts Richtung Paducah. Der Himmel ist voll mit Stratus, Stratocumulus und darüber noch mittelhohe Bewölkung. Man sieht nicht viel. Als die ersten Zellen hochpoppen geht es sehr schnell bis zur [definition=101,0]Superzelle[/definition] und bald zum ersten Wurfversuch. Eine Zelle südlich von Paducah hat auch geschmissen, also einen [definition=107,0]Tornado[/definition] produziert. Weiteres Problem an diesem Tag: Man hatte sehr häufig gleich zwei Superzellen nebeneinander, die sich bald negativ beeinflussten:


    Und so sieht es am Himmel aus - wie öde:



    Wir folgen den Zellen nordostwärts und landen wieder östlich von Childress. Die vorbeiziehende Zelle wird später den Mangum-Tornado produzieren. Wir bleiben aber nicht dran, sondern orientieren uns traditionell eher nach Süden wegen der Neuentwicklungen. Wir bekommen eine weitere Zelle die sich mit [definition=15,0]Shelfcloud[/definition] und einzelnen schönen Erdblitzen präsentiert:


    Nett. Wieder nach Süden. Bei Guthrie, TX haben wir nochmal eine Chance. Zumindest ein paar schöne Erdblitze sehen wir. Strukturell, naja:


    Aber genau da drin ist ein regenverhüllter [definition=107,0]Tornado[/definition] laut Meldung. Wir fahren zügig durch Guthrie als die Sirenen heulen. Jetzt sind wir etwas zu nah und sollten schnell südlich ausweichen. Doch noch hohes Risiko an diesem Tag ;)


    Das Radarbild zeigt zwar keine klassiche Superzellenstruktur, aber aus solch einer ging diese Zelle hervor. Man achte auf die Einkerbung in der Zelle, die auf Einstrom (Inflow) schließen lässt. Die Form der Zelle mit ihrem "Kringel" sollte erkennbar sein:


    Am Straßenrand schauen wir der Konvektion noch zu und fahren letztendlich runter bis nach Abilene. Und auch da lassen uns diese nervigen Gewitter nicht in Ruhe. Selbst beim essen. Wir gehen aber dann später ins Bett. Team SA fotografiert noch Blitze. Für den nächsten Tag sieht es in Oklahoma nicht verkehrt aus, aber es wäre ein Risikoritt für wenig Potenzial, dafür aber mit Überraschungsfaktor. Aber auch langem Fahrtag....


    So ist das chasen und High Risk. Man kann es eben doch nicht lassen.

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  • ...und weil man es eben nicht lassen kann, geht man das Risiko ein und fährt von Abilene zurück nach Oklahoma. Wir sind also wieder einen ganzen Tag auf der Straße bis wir nach 677 km in Enid, OK ankommen. Ähnlich wie 2015 im Panhandle und südlich davon gab es auch 2019 Floodings. Viele Straßen waren im zentralen und östlichen Oklahoma deswegen gesperrt. Das müssen wir auch für unsere Strategie mit einplanen.


    Was anfangs noch als geringes Risiko beim SPC eingestuft wurde, wurde am Tag selbst zum Moderate Risk. Es sollte am Ende mehrere Tornados östlich von OKC geben. Wir haben uns aber gegen dieses Zielgebiet entschieden: Viele Straßen wegen Überflutung gesperrt, Berge und Wälder mit eingeschränkter Sicht, darauf haben wir kein Bock. Wir warten zunächst eine Weile in Guthrie OK die Entwicklung ab und lassen uns doch dazu hinreißen nach Süden zu fahren. Dazu müssen wir nochmal durch OKC, was besser ging als vorher gedacht. Dummerweise löste es im Norden an unserem Standort aus. Letztlich wurde aus dieser Zelle nicht viel mehr, aber zum Zeitpunkt der Auslöse und unserer Umentscheidung war ich verägert ;)


    Wir stehen nun in der schwülen Pampe und einem kleinen Keil, der die Konvektion wieder unterdrückt, in Lindsay südlich von Oklahoma City. In der Tankstelle verfolgen wir den Livestream der Nachrichtensender zum Wettergeschehen. Nach gut einer Stunde entschieden wir uns für eine Südoption: Wichita Falls. Da waren wir erst am Vortag durch und die Stadt hatte bereits eine isolierte [definition=101,0]Superzelle[/definition] am Nachmittag in ihrer Nähe. Eine zweite war gerade in der Entwicklung.


    Während der Fahrt stellte Felix noch einmal seine Reatkion unter Beweis, als uns ein Reh vor das Auto laufen wollte. Es ging ohne Schaden für beide Parteien aus ;)



    Angekommen westlich von Waurika sehen wir schon erste Anzeichen für Abschwächung:


    Aber wir freuen uns über die nicht ganz so schlechte Sicht und die sterbende Zelle im Abendlicht:


    Um am nächsten Tag im TX Panhandle zu sein, fahren wir noch bis Vernon, wo wir uns ein Motel suchen.

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  • Ein neuer Chasingtag! Und der wird nicht einfach. Die südliche Strömung bringt viel Feuchte und wir haben sehr schlechte Sicht. Es sieht wieder nach HP-Superzellen und damit auch im Regen verhüllten Tornados aus.


    An der Interstate 40 warten wir auf Auslöse an der Dryline und [definition=81,0]Outflow Boundary[/definition]. Wir vertreiben uns die Zeit an einer alten Tankstelle und treffen auch andere deutsche Chaser:


    Wir verlagern uns weiter nach Norden, wo sich schon einige Zelle gebildet haben. Wir wollen die südlichen Neuentwicklungen nördlich von Pampa TX anfahren. Im Panhandle gibt es zwar mehr Hügel, jedoch keine dichten Wälder. Man sieht hier trotz Hügelland gut - wäre da nicht die feuchte Luft und schlechte Sicht. Um auch etwas näher an Struktur zu kommen, möchten wir heute auch offensiver vorgehen und uns näher herantrauen. Das bedeutet aber auch: Chaserkonvergenz! Und wir sind froh die Regel aus 2017 "gleich in Fluchtrichtung parken" treu anzuwenden. Grund:


    Alle wollen weg. Und wir sind an dieser Stelle wirklich schon recht nah dran. Man erahnt am Horizont die Wolkenkante in der Pampe nördlich von Pampa ;) Eine Art [definition=115,1]Wallcloud[/definition] sahen wir davon süwestlich versetzt in Umrissen. Jedenfalls wollen wir hier weg und fahren östlich nach Canadian. Nach kurzem Tankstopp verlagern wir uns zurück nach Norden, wo eine Zelle gerade vorbeizieht. Was diese dicke, tiefe Wolke war, wissen wir nicht:


    Blick nach Norden:


    Jedenfalls ging von dieser oder der noch nördlicher anschließenden Zelle ein [definition=107,0]Tornado[/definition] hervor. Dafür waren wir aber zu südlich. Und für regenverhüllte Tornados braucht man eine bestimmte Position um diese an der Rückseite der Zelle zu sehen und nicht zuletzt die nötige Prise Glück. Das trauen wir uns aber noch nicht zu.


    Daher schauen wir uns den Walschlund an:


    Über uns:


    Wir fahren nun nordöstlich von Canadian auf einen Hügel zum beoabchten. Dort beobachtet auch ein mobiles Dopplerradar und die örtliche Feuerwehr:


    Die Zellen aus Westen lassen wir heranziehen. Langsam geht auch das Licht weg. Dafür können wir noch eine schöne rotierende [definition=115,1]Wallcloud[/definition] ohne viel Chaser-Traffic beobachten. Geschmückt mit ein paar netten Blitzen davor und neugierigen Kühen. Wir schauen eine Weile zu bis es Nacht wird.


    Letztes Licht, dann brechen wir auf und quartieren uns in Pampa ein.

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  • Badetaaaaaag! 24. Mai südlich von Lubbock im Texas Panhandle. Wir müssen für eine Nord- oder Südoption entscheiden. Der Norden wird später das Rennen hinsichtlich Tornados machen. Der Süden hinsichtlich Floodings. Dort sind wir. Der Schirm einer der nördlichen Zellen liegt über uns:


    Es clustert früh zusammen und die Zellen laden jede Menge Regen ab. Durch rückwärtigen Anbau kommt es in unserem Gebiet zu Überschwemmungen. Nichts läuft irgendwo ab sondern bleibt einfach stehen. Zu Beginn füllen sich die Gräben:


    ...und bald die Straßen. Es wird zu einem gewissen Spaß durch die unterschiedlich großen Pfützen zu fahren. Irgendwann ging es dann aber nicht mehr:



    Somit fuhren wie die gleiche Strecke zurück die wir auch gekommen sind. Inzwischen stand da noch mehr Wasser.


    Haihappen freut es:


    In einigen Überflutungen hört man Froschkonzerte. Das hätten wir hier nicht erwartet. Verrückte Welt hier draußen.





    Von Lubbock aus wollen wir noch nach Amarillo, weil es am Folgetag weiter nach Norden gehen soll. Unterwegs schöne Stimmungen:


    Und ein großer Wolkenteppich mit [definition=72,0]Mammatus[/definition]:


    Am Big Texan Steak House reservieren wir einen Tisch. Solange schauen wir uns den abziehenden [definition=74,1]MCS[/definition] an:


    Und dann wird gegessen:


    Lustiger Tag.

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  • Der 25. Mai 2019 wird uns allen gut in Erinnerung bleiben. Nicht weil es ein besonderes Gewitter oder einen [definition=107,0]Tornado[/definition] gab, viel mehr lag die Besonderheit in der Beschaffenheit der gewählten Straße und den Fahrkünsten unserer Fahrer/innen.


    Wir entscheiden uns für eine Zelle an der Grenze Kansas/Colorado. Exakt mit Staatsgrenze wird die geteerte Straße zu einem Feldweg. Soweit ok, denn der Feldweg ist trocken und hat nur einige Spurrillen. Unsere Zelle "dümpelt" vor sich hin. Sie wird nicht wirklich stärker, schwächt sich aber auch nicht ab. Also bleiben wir noch weiter dran.


    Die Zelle zieht von WSW nach ONO. Unsere Routenoptionen führen uns entweder in einem Ost-Nordbogen an der Zelle vorbei (sichere Variante) oder in einer Nordoption nah an der Zelle vorbei nach Nordosten. Hier muss aber auch das Timing passen, dass wir uns von der Zelle nicht auf dem Feldweg überrollen lassen, denn dann wird das Fahren schwierig. Naja...


    So sieht es jedenfalls am ersten Beobachtungspunkt aus:


    An einer Abzweigung nach Norden für die 2. (nahe) Routenoption sind wir uns unsicher ob wir diese Straße nehmen wollen. Wir sehen einige tiefere Rillen, die etwas schlammig sind. Die Entscheidung fällt in wenigen Sekunden zwischen mir und Felix. "Geht so", "wie weit es ist es nach Norden - nicht weit", "schaff 'mer". Im Nachgang betrachtet haben wir 2 DInge unterschätzt: Den Boden. Hier liegt eine Schicht Lehm darunter. Die Oberfläche sieht eher leicht feucht aus, fast trocken, aber die Schicht darunter ist schmierig wie ein flüssiger Kleber. Als zweites haben wir die Distanz der Straße nach Norden unterschätzt - so kurz ist die nicht.


    http://www.storm-chasing.de/video/mudneu.mp4


    Als wir die ersten nassen Furchen durchfahren haben, wird es bald immer ekliger. Schlamm, Wasser in den Rillen und der Funkkontakt bricht ab. Jetzt gibt es kein zurück mehr. Unsere Zelle verstärkt sich nun natürlich auch. Mit dem Tempo, mit dem wir vorankommen, wird sie uns auf der ohnehin immer schlimmer werdenden Straße noch einholen und noch mehr Regen bringen. Na klasse.



    In unserem Wagen herrscht durchaus Anspannung. Felix hält das Fahrzeug so gut es geht im Schlamm auf der Straße. Ich habe mich schlecht gefühlt, weil ich die ganze Gruppe auf diese Straße geleitet habe. Es ist so lange ein Erlebnis, bis nichts ernsthaftes passiert wie ein Schaden am Fahrzeug oder an einem der Teilnehmer. Das erste war nicht ausgeschlossen, da wir auch jeglichen Kontakt per Daten- oder Netzempfang verloren haben. Die Ungewissheit und der Drang trotz langsamer Verlagerung schnell dort weg zu kommen waren nicht schön.


    Die vordere Kante der Zelle erreichte uns langsam:


    Zweimal mussten wir noch auf dem Feldweg abbiegen, oder besser einmal das Fahrzeug nach rechts rutschen lassen und einmal nach links. Als die rettende feste Straße erreicht war, herrschte große Erleichterung. War das knapp. Mit einem [definition=107,0]Tornado[/definition] möchte ich mir das gar nicht vorstellen. Wir machen erstmal Weg nach Osten gut. Bald trifft auch das SA-Team wieder ein. Leider hat niemand Kontakt zu Luise und Ronny. Wir alle sind besorgt ob sie es schaffen. Denn mittlerweile ist die Zelle über dem Feldweg und wir haben den Weg noch mehr umgepflügt für die Beiden.



    Wir stehen nun kurz vor Johnson City, KS und beobachten die Zelle, die nun östlicher ausschert.



    Solange wir nichts hören fahren wir im kleineren Gebiet erstmal weiter. Sollten wir nichts hören, lassen wir unsere Zelle vorbeiziehen und fahren zurück um sie zu suchen. So sieht sie von der Ferne aus:


    Eine weitere Zelle im Osten bringt kurzlebige [definition=38,1]Funnel[/definition] hervor:



    Nach dieser Beobachtung fahren wir zurück nach Johnson City. Ronny ruft an - na endlich! Sie sind raus! Was für eine Erleichterung. Sie sind zwar mehrmals kurz stecken geblieben, konnten sich aber selbst (mit anschieben) wieder befreien. Der Kern der Zelle brachte Hagel, schätzungsweise um 3cm Korngröße:


    Wir folgen den Zellen ostwärts und werden in Ulysess, KS zum anhalten gezwungen. Regen hat hier die Hauptstraße überflutet.



    Wir halten am Supermarkt und beenden auch die Jagd. Alle sind noch etwas aufgeregt, geschafft und erleichtert. Die Jagd ist zu Ende und in Garden City, KS mieten wir uns im Motel ein. Noch etwa essen und am Abend noch Treffen mit Jane und Clyve aus Australien.


    Dieser Tag war ein Lehre und ein Erlebnis. Zum Glück ging alles gut aus und wir können heute darüber lachen und haben immer eine "gute Story" zum erzählen.

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  • Kennt ihr eine der neuen Gefahren beim chasen in den USA, etwa seit 2010 immer vermehrt auftretend? Es sind wir Chaser selbst! Chaser-Konvergenz sollte jedem inzwischen ein Begriff sein. Unser Hobby leidet seit Jahren an seiner eigenen Popularität. Es gab allein in den letzten 3 Jahren mehrere Unfälle, größtenteils Sachschäden, eine leicht verletzte Person und besonders unschön: 3 Tote, als 2017 zwei SUV von Chasern ungebremst zusammenstießen als einer ungebremst ein Stopp-Schild überfuhr.


    Die Erfahrung mit einer echten Chaser-Konvergenz, einem "Eine Zelle, eine Straße, alle Chaser - Szenario" hatten wir an diesem Tag in Colorado. Es gab auch hier Unfälle, aber eher mit weniger Sachschäden und ohne Personenschäden. Diese Kolonnen sind auch händelbar, aber man muss eben nochmal aufmerksamer sein als sonst. Überlegungen, ob wir ein bestimmtes Ziel nicht anfahren trotz vieler Chaser kalkulieren wir durchaus mit in die taktische Planung ein. Aber nicht immer kann man das vorab schon abschätzen wie an diesem Tag.


    Wir waren in der Nähe von Lamar und fuhren eine Zelle an, die mit Hagel in Tennisball-Größe bewarnt wurde. Die Rotation war beständig und bald eine Tornado-Warnung draußen.


    Bei Wiley, CO möchten wir nach Norden fahren, denn die Zelle dürfte unseren Weg kreuzen. Mehr Straßenoptionen gibt es nicht. An einem ersten Haltepunkt sehen wir in der Ferne noch eine langgezogene [definition=38,0][definition=38,1]Funnel[/definition] Cloud[/definition]. Möglicherweise ein [definition=107,0]Tornado[/definition] im "Roping Out Stadium". Beim Check-in im Motel am Abend laufen Videoaufnahmen eines Tornados bei Wiley, was zu unserer Sichtung passen könnte.


    Wir bleiben an der Zelle dran - mit allen anderen:


    Sieht in der Wirklichkeit so aus:


    Wir halten auch an dieser Straße noch zweimal. Die Struktur lässt zu wünschen übrig:


    Wir können nur mit der Masse mitschwimmen. Da aber mit dieser Menge an Chasern, dem begrenzten Straßennetz und den langsam in Frage gestellten Sinn der heutigen Jagd so langsam die Lust tatsächlich nachlässt, entscheide ich der Straße bei Eads nicht mehr am Südzipfel der Zelle weiter zu folgen, sondern schneller und "freier" an der Rückseite nach Norden zu kommen.


    Wie wir im Nachgang erfuhren, haben wir durch die Entscheidung keinen [definition=107,0]Tornado[/definition] verpasst und sind noch mehr Stress aus dem Weg gegangen. Denn viele Chaser berichten auf Twitter dass ein Vorankommen kaum nooch vernünftig möglich war.


    Die Rückseite ist auch nicht unfotogen:



    Jetzt sind wir fast wieder alleine mit einigen wenigen Chasern, die ebenfalls diese Route wählten.


    Östlich von Kit Carson beobachten wir eine Weile. Kit Carson, was für eine Ortsname. Klingt eher wie eine Figur aus einem US-Actionfilm, einem Freak im Wilden Westen. Zugegeben sind gerade einige davon dort unterwegs. Wie solche Sachen auch immer zusammenpassen...


    Ronny wieß uns auf eine weitere Zelle im Westen hin. Und in der Tat: Warum nicht hinfahren? Bis alle von der jetzigen Zelle dort sind dauert es noch eine Weile.
    Eingebettet ist in diese als [definition=48,1]HP[/definition] anmutende Zelle ist sogar ein [definition=107,0]Tornado[/definition], der durch "Law Enforcement", also sehr wahrscheinlich der Polizei, gemeldet wurde.


    Nach einem Tankstopp schält sich weiter im Westen eine [definition=17,0]Böenwalze[/definition] aus der tiefen Bewölkung hervor:


    Ein Trucker hält bei uns an und fragt ob er weiter fahren sollte oder nicht. Ich rate zum abwarten.


    Die Crew kann nun zum ersten Mal High-Plains-Gänsehaut fühlen. Die geht wirklich unter die Haut und wird mit dem kräftigen [definition=3,0]Abwind[/definition] der [definition=14,0]Böenfront[/definition] regelrecht injiziert. Den Höhenunterschied merkt man oft erst später, da es keinen steilen Anstieg gibt. Wir bewgen uns in dieser Gegend auf ca. 1.400 m Höhe.


    Mit der [definition=14,0]Böenfront[/definition] fahren wir wieder zurück nach Osten wo wir hergekommen sind. Es macht nun mal Spaß mit der Kante mitzusurfen. Der turbulente Bereich hinter der Kante, besser bekannt als Whales Mouth, ist immer wieder eindrucksvoll:



    Auch in schwarz-weiß:


    Wir lassen uns nochmal von der [definition=14,0]Böenfront[/definition] überrollen, die sich mittlerweile von der Zelle gelöst hat und nach Osten brandet.
    Erst jetzt sind einige der Chaser nach und nach aus Osten angekommen, die noch an der 1. Zelle dran waren.


    Für uns ist die Jagd zu Ende. Für den nächsten Tag sieht es nach klassischeer Auslöse an der Denver Mountain Range aus, ein durchaus sicheres und lohnendes Chasing also, wenn man auf die richtige Zelle setzt. Das Setup jedenfalls wird gut aussehen.


    In Limon, CO buchen wir uns im Safari Inn ein. Ein rosa angestrichenes Hotel betrieben von einer Polin, die vor einigen Jahren eingewandert ist. Die Plains sind einfach einzigartig.

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  • An Tagen wie diesen weiß man morgens oft noch nicht was es für ein denkwürdiger Tag am Ende sein wird. Das Highlight unserer diesjährigen Tour. Und einer dieser Tage der Storm Chasing Saison in den USA den man miterlebt haben sollte. Wir hatten jedenfalls Glück dabei zu sein.


    Zuerst aber freuen wir uns über die klare und weite Sicht. Nach der ganzen Pampe, dem Dunst, den Stratus und zukneifen der Augen um etwas in der Distanz zu erahnen, war heute die Sicht regelrecht ultrahochaufgelöst. Wir möchten uns taktisch so verlagern, dass wir östlich von Denver an der I-76 Stellung beziehen können. Dann müssen wir nur die Auslöse über der Mountain Range abwarten und auf die richtige Zelle setzen, die sich nach Osten in Bewegung setzt. Das erste Exemplar sehen wir recht bald und nehmen es auch gleich ins Visier.


    Schon diese flache Zelle rotiert und wird im Verlauf einen ersten [definition=38,1]Funnel[/definition] produzieren:


    Wir halten auf der Anfahrt noch zweimal an um zu schauen. Gezoomt:


    Als wir die Zelle erreichen ist sie bereits im Auflösestadium. Erstmal nicht schlimm. Es war der erste Versuch und es ist noch früh am Tag. Lange vor der abendlichen Prime-Time der Konvektion. Deswegen fahren wir weiter ostwärts. Gehagelt hatte es hier auch:


    Auf der Interstate hat der Hagel Staus verursacht, weswegen wir noch Highways parallel fahren um auch nicht in den Zellkern der dortigen Gewitter zu kommen. In Fort Morgan sehen wir plötzlich aufgewirbelten Staub am Boden. Ein kurzer Wirbel an der Wolkenkante war hier am Boden.


    Mit der Interstate fahren wir mit einem Komplex aus Zellen nordostwärts. Die vordere Zelle wird sich behaupten und bald einen [definition=107,0]Tornado[/definition] produzieren. Davon sehen wir aufgrund der Distanz nichts, zumal der Niederschlag davor hängt. Da diese [definition=101,0]Superzelle[/definition] mehr ostwärts ausschert, verlassen wir in Sterling die Interstate während die Sirenen heulten. Eine durchaus adrenalinfördernde Stimmung.


    Auf dem Highway 6 gehts weiter. Erster Halt mit schönem Blick auf die [definition=14,0]Böenfront[/definition] des [definition=93,1]RFD[/definition] dieser [definition=48,0]HP-Superzelle[/definition]:


    Gezoomt:


    Panorama:


    Sind die Farben dazu nicht toll? Es geht wieder ein Stück ostwärts um bald wieder zu halten. Diese [definition=14,0]Böenfront[/definition] ist direkt hinter uns und fasziniert uns mit ihrer tiefen Wolkenkante. Mehrere einzelne Fetzen hängen teilweise auf dem Boden:




    Wahnsinn! Nach Tankstopp und Lagebesprechung wollen wir der Zelle weiter folgen. Eine Neuentwicklung im Süden erweckt unser Interesse. Wir halten an. Die südliche Zelle entwickelt sich rasch und bildet eine tiefe [definition=8,3]Basis[/definition] mit [definition=115,1]Wallcloud[/definition] aus und wiederholten tiefen Wolkenfetzen aus:



    Wir geben die vorherige Zelle zugunsten dieser auf. Zum Glück. Nachdem sich das Team einig ist den Feldweg nach Süden zu fahren (die Erfahrung der Mudroad ist noch allgegenwärtig) kommen wir westlich von Lamar wieder auf den Highway 6. Übrigens war dieser Feldweg tatsächlich einfacher zu befahren und nicht verschlammt. Puh...


    In Front der Zelle halten wir und beobachten wie sich die Zelle weiter entwickelt. Die [definition=8,3]Basis[/definition] ist deutlich ausgeprägt und eine [definition=115,1]Wallcloud[/definition] mit tiefen Fetzen schließt sich an. Das ganze Gebilde rotiert vor sich hin. Im vorderseitigen Niederschlag zucken immer wieder Wolkenblitze:


    Wir fahren dieser Zelle wieder ein Stück voraus. Nach einer Weile halten wir wieder an einem Feldweg. Die [definition=8,3]Basis[/definition] ist weiter gewachsen und wir stehen direkt vor dieser [definition=48,0]HP-Superzelle[/definition]. Dieser Moment ist einzigartig in der Stimmung. Durch den Bodenwind heulen die Stromleitungen über uns, vor uns dreht sich diese große dunkle Wolkenmasse, Blitze zucken wie auch unsere Gehirnströme vor Adrenalin und Begeisterung.


    Doch es wird noch schlimmer - positiv gesehen. Wir fahren wieder ostwärts zum nächsten Halt. Glücklicherweise habe ich die Gopro mit dem Zeitraffer auf dem Dach nach hinten gedreht.

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    Ist das nicht wahnsinnig, diese Struktur? Erst jetzt verstehen wir was sich da eigentlich hinter unserem Rücken während der wenigen Minuten Verlagerung ausbildet. Das positiev Entsetzen ist groß als wir erneut abbiegen. Ein großes, bedrohliches Mutterschiff hat sich ausgebildet. Dieser Anblick fesselt und begeistert uns:


    Mein Lieblingsbild:


    Nochmal gezoomt:


    Kopfschütteln? Ja, kann ich verstehen. Ging uns nicht anders. Und ironischerweise heißt der County (Landkreis) auch noch Chase. Diese [definition=101,0]Superzelle[/definition] im Chase County, kein Drehbuch könnte das besser planen.


    Ein weiteres Mal fahren wir ostwärts um vor ihr zu bleiben. Wir passieren Imperial und halten auf einem Hügel. Unser Raumschiff dreht sich so langsam von uns weg. Wir genießen mit einigen anderen den Anblick und beenden hier die Jagd.


    Wir fahren nach McCook zum übernachten. Zwei unserer Fahrzeuge fotografieren noch Blitze. Im Motel treffen wir uns alle wieder und müssen erstmal noch halb im Rausch die Eindrücke wirken lassen. Wir gehen alle spät ins Bett und entschließen uns am Folgetag erstmal auszuschlafen und später Richtung Kansas zu starten, wo es die nächste Gewitterlage geben wird.


    Was für ein Tag.

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  • Ausschlafen ist angesagt. Die Eindrücke vom Vortag wirken noch nach. Wo man hinschaut sieht und liest man nur Begeisterung über die gestrige [definition=101,0]Superzelle[/definition]. Theoretisch geht es heute weiter wenn man möchte. Dazu hätten wir aber früh los gemusst um später am Tag im zentralen bis östlichen Kansas zu sein. Plan B, einzelne Superzellen vom westlichen bis zentralen Kansas zu chasen, wird auf der Agenda stehen. Nach dem Lunch bei Pizza Hut geht's südwärts nach Colby. Dort treffen wir auf andere deutsche Chaserkollegen und Freunde:


    Als sich die ersten Zellen immer mehr zur [definition=101,0]Superzelle[/definition] entwickeln, brechen wir alle auf. Wir machen einen Abstecher nach Süden und fahren eine Zelle bei Shields, KS an. Von der Ferne:


    Direkt darunter:


    Schöner Cumulus mit Kappe:


    Wor folgen der Zelle ostwärts. Sie geht in eine neue Zelle über die wir bei WaKeeney beobachten:


    Um ihr ostwärts auf der Interstate zu folgen müssen wir durch den Starkregen.


    Im Radio wird live vom Wettergeschehen berichtet wie man es hier kennt. Ein größerer und starker [definition=107,0]Tornado[/definition] bewegt sich auf Kansas City zu. Wir hören gespannt und leicht besorgt zu. Es ist tatsächlich etwas unschön wenn man live mithört und weiß dass es gleich "ernst" wird.


    Bei uns wird es gewissermaßen auch ernst: An der [definition=35,0]Flanking Line[/definition] unserer [definition=101,0]Superzelle[/definition]...


    ...wird sich kurzzeitig ein [definition=107,0]Tornado[/definition] bilden. Luise entdeckt ihn zuerst und wir halten schnell zum fotografieren an:



    Den Bodenkontakt bekommen wir nicht nur durch das SPC im Verlauf bestätigt, sondern auch von Marco. Er stand mit Dennis unmittelbar an der Stelle, wo der [definition=107,0]Tornado[/definition] den Bodenkontakt hatte.


    Wir folgen besagter Zelle nordwärts. Sie wird jedoch zunehmend outflowdominant. Das sorgt aber auch für schöne Motive bei entsprechendem Licht:



    Der Abend endet auf einem Feldweg wo wir der Konvektion noch etwas zuschauen und mit dem lokalen Emergency Manager quatschen. Der schaute nämlich auch.


    Unsere Wege müssen sich dann trennen. Team Sachsen-Anhalt wird in Oklahoma City erneut das Auto tauschen müssen. Wir sind von den ganzen letzten Tagen durchaus müde und schon gut gesättigt von den Eindrücken. Für den nächsten Tag planen wir den seit 2017 vorgenommenen Besuch im Twister-Movie-Museum in Wakita und Verlagerung Richtung Texas. Das Setup in Oklahoma lassen wir außen vor. Wäre zu erzwungen.

    1. Vorsitzender Thüringer Storm Chaser e.V.
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    Weitere Mitgliedschaften: Member of AMS Weatherband · Premium Advanced Spotter (Skywarn Deutschland e.V.) · Arbeitskreis Meteore e.V.

  • Nach dem durchgehenden Chasing machen wir 2 Tage Pause. Team SA muss sein Auto in Oklahoma City tauschen. Zuerst besuchen wir aber noch zusammen das Twister Movie Museum in Wakita:


    Am nächsten Tag treffen wir die anderen deutschen Teams wieder und wandern eine Runde im Palo Duro Canyon. Diese Tour hat wirklich gut getan.


    Und damit sind auch die Akkus für die Jagd wieder geladen. An einem 31.05. gibt es immer Gewitter. Alte Regel. Hat sich bewährt. Dafür weichen wir diesmal weit nach Süden aus und betreten Neuland: Die Trans Pecos Region, die den südwestlichen Zipfel Texas bezeichnet. Hier gehen die High Plains in das Gebirge entlang der US-mexikanischen Grenze über. Das macht es landschaftlich interessantert, beschränkt aber die Routenoptionen.


    In Fort Stockton hat man 3 Optionen über Highways nach Süden zu kommen. Zwei Zellen stehen zur Auswahl und wir müssen eine Entscheidung treffen. Wir nehmen die westlichste Variante und lassen die Zelle auf uns zu ziehen:


    Als sie über den Berg kommt, wird eine ganz nette [definition=8,3]Basis[/definition] sichtbar:


    Wir lassen die Zelle vorbeizehen und bekommen noch einen flachen Regenbogen als Erinnerung:


    Auf dem südlichsten Highway 90 verlagern wir uns nach Südosten um eine der nördlichen Zellen abzufangen. Obwohl die mexikanische Grenze hier noch ein Stück entfernt ist, passieren wir mehrere Border Patrol (Grenzschutz) Streifen am Straßenrand. Unser Datenempfang ist leider bescheiden, aber wir bekommen noch rechtzeitig mit, dass unsere anvisierte Zelle gerade zerfällt und die andere westlich davon stärker wird.


    Also geht es wieder zurück Richtung Marathon. In diesem großen Talkessel lagert noch feucht-warme Luft, die von der ankommenden Zelle aus Nordwesten angesaugt wird. Ein gutes Zeichen.


    Gespannt schauen wir den zahlreichen Blitzen zu und wie sich vor uns eine neue Rotation beginnt aufzubauen. Dann dauerte es nicht lange und wir können einen Staubwirbel am Boden erkennen. Der Zeitraffer auf dem Video verrät auch die Rotation in der Wolkenbasis darüber.


    Und erneut geht es wieder nach Südosten. Die Zelle verstärkt sich nun deutlich schnell und wird intensiver:




    Als sie auf die Berge trifft wird sie bald schwächer. Dafür gibt es noch eine tolle düstere Stimmung zwischen den Bergen und der vielen Bewegung in den tiefen Wolken, die durch Outflow und Orographie vielfältieg schnelle Bewegungen und Rotation auslösen.


    Damit beenden wir auch die Jagd und fahren zurück nach Fort Stockton. Unser 3. Team mit neuem Auto schaffte es leider nicht mehr soweit südlich zu uns. Am nächsten Tag werden wir uns aber wiedersehen.

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  • Nach unserer erfolgreichen Premiere im Trans-Pecos geht es ein Stückchen zurück nach Norden. In Carlsbad treffen wir auch wieder auf unser Team Sachsen-Anhalt mit neuem Mietwagen - einem Nissan. Wir werden heute in New Mexico unterwegs sein und einige pulsierende Gewitter erleben. Wir müssen nur die richtigen Zellen zur besten Entwicklungsphase finden.


    Ein erster Versuch auf einer üblen Buckelpiste bringt uns zu dieser Zelle in dieser wundervollen Landschaft ;):


    Wir folgen einer weiteren Zelle die Hagel zw. 2 und 3cm Größe im Gepäck hat. Im Kontrast mit der Sonne auf der anderen Seite und der dunklen Wolkenwand auf der anderen sieht man die kleinen weißen Kugeln vom Himmel fallen.


    An dieser Zelle bleiben wir weiter dran. Kurzer Stopp:


    Wie sagen wir gern: Sie dümpelt vor sich hin, soll bedeuten: Sie schwächt sich weder ab noch wird sie stärker. In Lovington entscheiden wir uns daher die Jagd zu beenden und quartieren uns in Hobbs ein.


    Team SA will noch dran bleiben, wir anderen fahren Richtung Motel. Irgendwie sieht man im Spiegel nun dass sie doch wieder stärker zu werden scheint. Und so halten wir alle nach und nach wieder an und schauen doch wieder zu. Tatsächlich, sie verstärkt sich und nun wird auch bald goldene Stunde und Sonnenuntergang folgen. Das wollen wir natürlich sehen.


    Unser erster Stopp an dieser passenden Prairie Lane:


    Dann brechen wir wieder nordwärts auf und halten am Straßenrand. Unsere Zelle wird nun ihr Hauptstadium erreichen und uns mit vielen Erdblitzen bereichern. Dass alles noch im Licht der untergehenden Sonne. Einen schönen Beamer gibts gratis dazu:




    Mein persönliches Lieblingsbild:


    Selbst als das Auflösestadium sichtbar erreicht ist, geht die Show noch weiter. Der Erdboden leuchtet nun ganz besonders dazu. Hinter uns wird ein großer Amboss-Schirm durch die untergehende Sonne angestrahlt. Das beschert uns diesen intensiven Kontrast:



    Und da man hier oft all-inclusive hat, gibts noch [definition=72,0]Mammatus[/definition] über dem Motel:


    Das war sicherlich der eindrucksvollste Tag der Kontraste. Zumindest an diesem Abend. Da wussten wir noch nicht was der Folgetag bringen wird....

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  • Neuer Tag in New Mexico! Rückblickend betrachtet haben wir seit unserer ersten Tour die schönsten und intensivsten Farben und Stimmungen bisher in diesem Bundestaat erlebt. Unangefochtener Höhepunkt natürlich unser [definition=107,0]Tornado[/definition] mit Regenbogen in 2015.


    Aber erstmal geht's im Tageslicht mit der Jagd los. Da haben wir eine ganz ansehnliche Zelle südöstlich von Roswell im Blick. Nachdem wir unser Gruppenfoto gemacht haben, gibt's Versuche die Drehung neu zu organisieren:



    Wir beobachten eine Weile mit anderen Chasern:



    Dann fahren wir wieder ostwärts um vor der Zelle zu bleiben. Leider erlaubt uns das Straßennetz nicht viel Optionen. Wir beobachten erstmal und warten die weitere Entwicklung ab. Dabei ergibt sich eine nette Lagebesprechung mit dem örtlichen Sheriff der bei uns vorbeikommt. Wir unterhalten uns über die aktuellen Gewitter, wohin die nördliche Zelle wohl zieht, dass er auch Hagel hatte und jetzt auch hier weiter beobachtet.



    Wir entscheiden uns die nördliche Zelle über eine südliche Straßenoption anzufahren. Dafür weichen wir über Artesia erstmal ein Stück aus. Passend entwickeln sich vor unserer Zelle, als wir nordwärts fuhren, neue Zellen direkt über uns mit Starkregen und kleinem Hagel. Und unsere anvisierte Zelle wird inzwischen outflowdominant. Prima. Für Blitze gucken und fotografieren reicht es aber noch.


    An unserer alten Stelle (die mit dem Sheriff) ist schon eine neue vielversprechende Zelle nach Südosten unterwegs:


    Die nehmen wir doch noch mit. Also wieder zurück. Am oberen Rand des [definition=1,0]Amboss[/definition]' dieser Zelle gab es das kräftigste Irisieren was ich bislang erlebt habe:




    Vor einer Baustelle halten wir, da wir diese gern außen vor lassen möchten wenn alle Chaser aus der anderen Richtungen kommen und die Ampel vielleicht noch rot ist wenn wir losfahren möchten. Dafür sind wir an dieser Stelle alleine mit einer tollen Stimmung.


    Unsere Zelle geht gerade von [definition=48,0]HP-Superzelle[/definition] in [definition=74,1]MCS[/definition] über. Dieser Prozess vollzieht sich zum Sonnenuntergang, was wohl licht-technisch nicht besser getaktet sein konnte. Ein Gebirge aus dunklen Wolkenschichten liegt vor uns, grün-türkis-schimmernd, ständig rosa-pink flackernd während nach Norden warme gelb-orange-Töne unter der Wolkenkante zu sehen sind. Dazu nicken die typischen Ölpumpen New Mexicos taktvoll als bestätigen sie den Moment mit "ja das wollen wir auch" :)








    Ein Stück zurück auf einem Hügel noch einmal ein kurzer Halt:


    Unbeschreibliche Momente (zu denen kein künstlicher Filter hinzugefügt werden muss):


    Typisch für die Zeit nach Sonnenuntergang und zu vielen Zellen bildet sich ein [definition=74,1]MCS[/definition] in Linienform aus. WIr haben keine andere Wahl mehr als immer weiter ostwärts zu fahren. Auch der [definition=74,1]MCS[/definition] zieht parallel und nicht gerade langsam mit. Wir geraten in die [definition=14,0]Böenfront[/definition] die uns einige Meilen begleitet und heftig durchwackelt. Einige Böen sind wie Schläge und drücken die Fahrzeuge an den Fahrbahnrand, der Regen wird waagerecht über die Straße gefegt, die Schilder wackeln durch den starken Wind während immer wieder Blitze vor, über und hinter uns zucken.


    WIr kommen geschafft und voller Eindrücke -wieder einmal- in Lubbock an, wo wir natürlich auch noch unser Abend-Standard-Gewitter erhalten.

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  • Ein letzter Chasing-Tag fehlt noch in der Reihe.


    Wir wussten bereits dass wir uns an diesem Abend trennen müssen. Jedes Team hat mehrere Tage Rückfahrt nach Chicago, Los Angeles oder San Francisco vor sich. Wir können im Grunde erneut südlich von Lubbock bis nach New Mexico jagen, wo die Berge wieder auslösen werden. Wir entscheiden uns aber auch aufgrund der Rückfahrtoptionen der Teams für ein nördliches Target zwischen Boise City (OK) und Springfield (CO). Hierfür spricht neben der grüneren Landschaft die Feuchtigkeit und ein bisschen ungedeckelte [definition=59,0]Labilität[/definition]. Die Modelle zeigen einige wenige Superzellen am Nachmittag in dieser Ecke.


    Also begeben wir uns nach längerer Fahrt nach Norden erstmal in Wartestellung in Boise City. Das wird durchaus zur Geduldsprobe, gerade wenn südlich von uns eine Zelle erstmal recht vielversprechend aussieht. Aber wir stehen zu unserem Target im Norden (wo noch nichts passiert) und verinnerlichen eine von Janek's Weisheiten: Die erste musst'e ziehen lassen. An der Tankstelle mit integriertem Subway gibt es Stau an der Theke. Viele Chaser auf einmal nutzen die Zeit für die Nahrungsaufnahme. Wer weiß wann es später wieder möglich ist...


    Im Norden tut sich was und somit brechen wir auf. Das Target war richtig gewählt. Nördlich von Campo (CO) erreichen wir diese Zelle, die jüngst tornadobewarnt wurde aufgrund ihrer Rotationssignatur:


    Unser Zellchen präsentiert sich mit einer hohen [definition=8,3]Basis[/definition]:


    Mir persönlich gefallen diese Strukturen, besonders die "geriffelten" Wolkenformen unterhalb der [definition=8,3]Basis[/definition] immer wieder. Diese Wolkenkanten sind in Bewegung und rotieren. Man hat auch oftmals kleine Wallcloud-Ansätze sowie ein Zustromband in dieser Höhe (hier auch rechts zu sehen). Wir beobachten auf dem Feldweg das schöne riffeln. Die Zelle ist insgesamt sehr blitzarm - kein Wunder bei dieser "kurzen" vertikalen Strecke zwischen [definition=8,3]Basis[/definition] und Wolkenoberkante. Da baut sich kein großes Spannungsfeld auf.


    Wir gucken eine Weile zu:


    Südlich von unserer Zelle entwickelt sich bereits eine weitere. Man erkennt es am Niederchlagsfuß am Ende des Feldwegs. Und jetzt mal ehrlich: Wem gefällt diese Struktur nicht?


    Auch mal in schwarzweiß:


    Der Regen setzt ein und die Zelle ist fast über uns. Wir weichen mal wieder nach Süden aus. Auf der Fahrt produziert doch tatsächlich die südliche Zelle einen Rüssel. Wir konnten zu keiner Zeit Bodenkontakt sehen, aber waren doch sehr überrascht, dass es trotz dieser Paramter noch für diesen recht langgezogenen [definition=38,1]Funnel[/definition] reichte. Aber so war es auch 2015 bei Milnesand. Da brachte letztlich der Spin einer Zelle die andere zum durchdrehen wenn man so will - und schon gabs einen der fotogensten Tornados überhaupt.


    Unser Exemplar sieht im grünen Schimmer so aus:

    (Bild: Christoph Geißler)



    (Bild: Christoph Geißler)


    Aus diesen ersten Zellen entwickelt sich nun mehr und mehr eine kleine Linie. An einem schönen Spot mit Yuccas halten wir noch einmal. Die Struktur verrät schon eine gewisse Lastigkeit zur Linie:


    Viel andere Optionen haben wir nicht mehr, also bleiben wir noch weiter dran. Wir fahren nordostwärts und halten bei Elkhart ein letztes Mal an. Inzwischen sieht man die Dominanz des Outflows noch besser:


    Dafür gibt es jetzt in größeren Abständen mal wieder Blitze zu sehen. Immerhin. Nach einer Phase Unentschiedenheit wo man noch einmal zum Abschied essen geht, wählen wir die kürzeste Variante: Pizza Hut in Elkhart. In diesem Ort startete gewissermaßen unser Schlamm-Abenteuer vor einer Woche. Passt doch.



    Danach teilen wir uns auf und die intensive Zeit ist irgendwie so abrupt zu Ende wie ein Gewitter. Die nächsten Tage stehen für uns alle noch Sightseeing an - in der Natur wie auch in Städten. Das macht die Tage durchaus etwas entspannter als die tägliche Jagd. Eine so aktive Saison gibt es nicht oft. Das wird dem Großteil von uns womöglich erst in den kommenden Jahren bewusst. Umso schöner, dass alle beim ersten Mal eine so ergiebige Ausbeute mit nach Hause nehmen können, zusammen mit vielen Eindrücken und Erfahrungen.


    Markus

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