2021-06-20/21/22: GEWITTER (Unwettergefahr)

  • Eine mögliche Schwergewitterlage deutet sich für die Zeit zwischen dem 18.06. und 22.06.2021 an. Thüringen scheint dabei zunächst am Freitag (18.06.) nur in der Westhälfte gestreift zu werden. Die weitere Entwicklung ist noch unsicher und zeichnet grob mehr Gewitterpotential in Richtung Sonntag/Montag/Nacht zum Dienstag ab.


    Zitat von Christoph Geißler

    Heute (DO) nix
    Morgen (FR) spätabends durch outflow ggf mal eine zelle kurzzeitig im thüringer wald oder eichsfeld
    Samstag dann maximal SO Thüringen/Vogtland kurzeitig mal eine zelle. sonst sonne satt bei um 35°C

    Weitere Updates folgen bei Bedarf und sobald etwas mehr Muster zur Gewitterlage ab Sonntag erkennbar ist in einem Lageupdate.

    1. Vorsitzender Thüringer Storm Chaser e.V.
    ESSL Voluntary Observer Person (Qualitätslevel QC1) (European Severe Storms Laboratory)
    Weitere Mitgliedschaften: Member of AMS Weatherband · Premium Advanced Spotter (Skywarn Deutschland e.V.) · Arbeitskreis Meteore e.V.

  • UPDATE ZUR GEWITTERLAGE / Stand 18.06. - 21 Uhr


    Im Rahmen der Lagebesprechung jetzt eine Auffrischung der Informationen:


    AUSGANGSLAGE:


    Deutschland befindet sich unter dem Einfluss einer Süd/Südwestströmung, wodurch warm-heiße Luftmassen herangeführt werden. Über dem Westen Europas (Großbritannien / Frankreich) befindet sich ein Trog, der für die kommenden Tage wetterbestimmend sein wird.


    Quelle: wetter3.de


    SAMSTAG


    Steht aus aktueller Sicht nochmal fast gänzlich im Zeichen der Hitze und Trockenheit. Aufgrund eines von Westdeutschland nach Nord/Nordwesten abziehenden Bodentiefs, zieht am Morgen eine leichte Konvergenz über Thüringen. Diese bringt temporär ein dünnes Wolkenband und zieht zum Mittag ab.


    Die Windströmung am Samstag ist in der Höhe weiterhin stark süd/südwestlich geprägt, bodennah gibt es allerdings kaum Bewegung. Genug energiereiche Luft ist bei Werten um 30-33°C und einem Taupunkt von 16 - 18°C bereits vorhanden. Eine Inversion über der Landesmitte sollte eine Auslöse jedoch größtenteils verhindern. Gewitter kommen somit bestenfalls durch orographische Bedingungen oder Konvergenzen zustande, bleiben somit aber sehr beschränkt.


    Sollten einige Gewitter entstehen, werden diese sich aufgrund der eingeschränkten Dynamik kaum verlagern. Somit besteht eine geringe Gefahr durch Starkniederschläge in den betroffenen Regionen (Mittelgebirge). Entlang der abziehenden Konvergenz sind östlich von Thüringen eventuell noch einige leichte Schauer/Gewitter im späteren Tagesverlauf zu erwarten.


    Ab Samstagnachmittag verbessern sich die Windscherungswerte aus Westen aufgrund eines weiteren Bodentiefs langsam.


    NACHT VON SAMSTAG AUF SONNTAG


    Eine erste spannendere Phase könnte es am Sonntagmorgen in Westthüringen geben. Dabei erreicht vor allem den Westen Deutschlands ein Bowecho aus Frankreich. Aktuell ist in den Modellen noch recht unklar wie weit dieser Gewitterkomplex ausgreifen wird, Super HD bietet aktuell eine der östlichsten Optionen und erfasst mit einem Regengebiet auch noch die Mitte und den Ostrand Thüringens.


    Trotz eher reduzierter, verfügbarer Energie zum Tagesbeginn am Sonntag, ergibt sich entlang der Front aufgrund der Temperaturunterschiede und Scherungsbedingungen *eventuell* ein interessantes Bild. Trotz der nur noch recht geringen Gewitteraktivität, ist die Wahrscheinlichkeit kräftiger Sturmböen 80-100km/h im Frontalbereich erhöht. Gerade die durch den Sonnenaufgang auf östlicher Seite des Systems bereitgestellte Wärme, beflügelt diesen Temperaturgegensatz nochmals.

    Hierbei würde der Aufzug der Front mit allen möglichen optischen Begleiterscheinungen (Böenfront, Shelfcloud) einhergehen. Allerdings ist eine derartige Entwicklung, vor allem im Bezug auf Thüringen, aktuell quasi nur im Super HD Modell vertreten! Arome und EZ4 rechnen mit einem weit westlicheren Ablauf der Lage, maximal bis zum äußersten Westen Thüringens.


    Die Ausprägung und der zeitliche Ablauf dieses Bowecho´s sind für die weitere Lage am Sonntag nicht unerheblich.


    SONNTAGVORMITTAG


    Auszugehen ist momentan von einer schnellen Aufheizung durch quasi ungebremste Sonneneinstrahlung etwa ab der Mitte Deutschlands Richtung Osten. Außerdem erreichen uns aus Südosten weiterhin sehr förderliche, warme Luftmassen. Hierbei können gegen 15 Uhr in einem Bereich über Sachsen/Sachsen-Anhalt/Brandenburg bis zu 35-36°C, Thüringen um 28-32°C erreicht werden. Währenddessen steigen von Westen die Taupunkte zum Nachmittag auf Werte von 18-19°C an.


    Aktuell rechnen die Modelle (wie oben bereits erwähnt) meist eine sehr geringe Auswirkung des Bowechos auf Thüringen. Sollte es jedoch zu einer östlichen Ausbreitung mit späterem Timing kommen, könnte dies durch das Wolkenfeld auch leicht abschwächend auf die Lage am Nachmittag wirken.


    SONNTAGNACHMITTAG


    Erreicht uns im Vorlauf der aus Westen heranziehenden Kaltfront ein ausgesprochen guter Antrieb für starke Gewitter. Dabei werden sehr gute Scherungswerte in hohen und tiefen Schichten berechnet. Aus Osten strömt dabei weiterhin warme Luft ein. Im Extremfall erreichen die CAPE Werte auf einer Linie vom Nordosten Bayerns, bis ins südliche Brandenburg um 1600-2200J/kg.


    Die Kombination aus starker Windscherung und sehr energiereicher Luftmasse ist über der Mitte schon länger so nicht mehr zustande gekommen. Sollte es tatsächlich zu einer derartigen Entwicklung kommen, sind Schwergewitter, vorlaufend auch im Rahmen von einzelnen Superzellen nicht ausgeschlossen.


    Das Gefahrenspektrum geht hier dann von Starkregen über größeren Hagel bis hin zu erhöhter Tornado-Wahrscheinlichkeit. Die genaue räumliche Entwicklung ist dabei aus aktueller Sicht jedoch noch nicht einzuschätzen.


    Im Nachgang der ersten Zellen sorgen spätestens größere Cluster dann für ein erstes Ausräumen der warmen Luft.


    VG


    _____________________________________________________________________________


    Auf Discord wird es Samstagabend (19.06.) um 18:30 Uhr eine weitere, kurze Besprechung zur möglichen Entwicklung des Bowechos aus Frankreich geben. Zusätzlich stimmen wir uns Sonntagvormittag um 11:00 Uhr nochmals bezüglich der genaueren Entwicklung ab. Kanal: Stammtisch

  • Update 19.06.2021, 20:00 Uhr


    Aus der Lagebesprechung gibt es zum Update für die kommende Nacht derzeit noch nicht viel neues zu berichten.


    NACHT ZUM SONTNAG


    SuperHD und Euro4 zeigen ein recht weites ausgreifen das Clusters aus der Nacht. Es ist nach wie vor fraglich, ob der gesamte Cluster aktiv (mit Gewittern) so weit ausgreift. Eher erscheint es möglich, das Westthüringen noch von Niederschlag und Gewittern gestreitft werden kann. Unabhängig der Niederschläge ist aber mit einem großen Kaltluftausfluss (Outflow Boundary) zu rechnen, die am morgen als Böenlinie über Thüringen nordostwärts/ostwärts zieht. Mit ihr könnten durchaus Böen zw. 50 - 70 km/h, teils 70 - 90 km/h und im extremn Fall bis 100 km/h auftreten. Alles ist davon abhängig, wie weit der Cluster in der Nacht an uns vorbei geht oder uns streift.


    SONNTAG


    ...sollte die Outflow Boundary aus der Nacht irgendwo zum liegen kommen (wichtig für spätere Auslöseoption). Tagsüber scheint der Deckel zunächst noch zu stark zu sein, um Einzelzellen auszulösen. Es kommt aber auch darauf an, welche Faktoren noch zusammenspielen (Outflow Boundary, Konvergenz, Gebirge, Auslösetemperatur).


    Das MCS am Abend (ggf. als Bogenecho "Bow Echo") wird weiterhin von Süden kommenden für die Abendstunden simuliert. Damit wäre dann auf breiter Fläche mit einer Böenlinie zu rechnen.


    Näheres dazu morgen.

    1. Vorsitzender Thüringer Storm Chaser e.V.
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  • Update 20.06.2021, 13:15 Uhr:


    Im Groben herrscht Einigkeit in den Wettermodellen, dass heute Abend/Nacht zum Montag eine Gewitterlinie von Südwesten über Thüringen nach Nordosten zieht. Die Unsicherheit liegt noch in der genauen regionalen Verteilung: Zieht die Linie westlicher durch, ist ganz Thüringen betroffen, zieht sie östlicher durch, können auch nur Teile Thüringens getroffen werden und der Westen/Nordwesten wären weniger betroffen. Dies lässt sich aber erst erkennen, wenn sich die Linie in den kommenden Stunden aus Ostfrankreich/Schweiz entwickelt.


    Ansonsten gab es heute Vormittag/Mittag einige hohe Wolkenfelder (Cirrus durch Saharastaub) und niedrige Wolkenfelder mit leichten Niederschlägen in Bayern, die sich nordostwärts verlagern. Diese könnten einen dämpfenden Einfluss auf die spätere Konvektion haben. Aufgrund der großskaligen Hebung (Höhentrog+Bodentrog) + Eigendynamik des Gewittersystems ist wohl davon auszugehen, dass dieses nach NNO durchmarschieren wird und auch die Inversion(en) durchbricht.


    Bis es soweit ist, wird sich die Luft weiter erwärmen und noch einige Zeit Stabilisierung wirken, ehe bedingt durch das Leetief an den Alpen die bodennahe Strömung auf Nordost zurückdreht. Mit der Gewitterlinie gibt es einen frontensenkrechte Komponente an der Böenfront (davor Nordost, dahinter Südwest), was für entsprechend starke Böen im Bereich von 70-90 km/h, teils auch 90-110 km/h sorgen kann.


    Ebenso ist noch eine Konvergenz im Osten Deutschlands zu finden, die etwa von Leipzig schräg nach Nordosten verläuft. Hier könnte es am Nachmittag ebenfalls Gewitter auslösen. Diese sind für Thüringen aber weniger relevant.


    Es wird in den kommenden Stunden stark von der Entwicklung des Clusters in Ost-FR/Schweiz abhängen, wohin das System genau ziehen wird. Dies gilt es weiter zu beobachten.


    A level 1 and level 2 are issued for ..., Germany, ... for large hail, excessive convective precipitation and severe convective wind gusts.

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  • Klasse Zelle und schön eingefangen mit dem Mohn davor!

    - wetterinteressiert und unwetterbegeistert seit Beginn der 2000er Jahre
    - TSC-Mitglied seit 2007
    - aktiver Chaser seit 2010

    - als Spotter "zur Ruhe gesetzt" seit 2018

  • Ja, das war wirklich ein Biest. So etwas hatte man 2020 in dieser Gegend komplett vermisst.


    Ich weiß, es ist in der Hektik immer nicht ganz einfach und man weiß auch eigentlich gar nicht, wo man hinschauen soll... aber du solltest versuchen, beim nächsten mal die Kamera noch etwas ruhiger zu halten. So haben die Zuschauer dann gleich noch einen besseren Eindruck vom Gesamtgeschehen. Am besten tief einatmen dabei. ;)

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  • Bei Mir war es gestern leider (mehr oder weniger) eine Nullnummer (fotografisch zumindest). Als vermehrt die Zellen im Osten hochgingen, machte ich mich auf den Weg Richtung Mühlhausen. Auf dem Weg zum geplanten Standort, zuckten schon überall am Horizont Blitze, auch schöne Erdblitze.

    Am Standort angekommen und aufgebaut, zeigten sich leider nur noch Wetterleuchten und/oder kleinere Blitzfragmente.



    Der Rest von uns wie z.B.: Andy, hatte auf der anderen Seite der Linie mehr Erfolg, wie ja bereits in diversen Berichten erwähnt wird. Bei mir kam auch allmählich Niederschlag dazu und ich musste zeitig aufbrechen. Hab es aber nochmal bis nach Heiligenstadt ins Trockne geschafft.





    Foto aus Heiligenstadt an der A38. Dauernd nur Wetterleuchten oder kleinere Blitzfragmente auf dem Sensor.


    Insgesamt hat es trotzdem einen riesen Spaß gemacht. - Der "Chasingmodus" war aktiviert und nicht zuletzt weil ich das erste Mal aktiv mit eigener Gopro unterwegs war. Aber selbst die hat leider kein relevantes Material gesammelt. Die Blitze waren zu weit weg und durch den Weitwinkel wirken sie einfach zu klein. Trotz Allem war die Spannung gestern bis nahezu zum Schluss gegeben. Als im Nordwesten dann wirklich nur noch Regen unterwegs war, bin ich dann nach Hause und hab noch ein wenig Discord und das Radar verfolgt. Hab mich dann ein bisschen geärgert, dass ich nicht doch bis Erfurt gefahren bin um die spätere Shelf abfangen zu können. Aber naja, halb so wild.

  • Der Rest von uns wie z.B.: Andy, hatte auf der anderen Seite der Linie mehr Erfolg, wie ja bereits in diversen Berichten erwähnt wird. Bei mir kam auch allmählich Niederschlag dazu und ich musste zeitig aufbrechen. Hab es aber nochmal bis nach Heiligenstadt ins Trockne geschafft.

    Moin!

    Mein erste Gedanke war auch, noch irgendwie versuchen vor die Zellen zu kommen, aber das habe ich dann ganz schnell verworfen und bin dann rückseitig an die Zellen gefahren. Auf der Autobahn in Richtung Westen haben die Zellen ganz schön kräftige Erdblitze geworfen. :blitz8|

    Ich bin bei Nohra abgefahren und stand dann bei Sohnstedt und habe dann immerhin zwei Blitze fangen können.





    Viele Grüße Andy.

  • Hallo zusammen,


    heute konnte ich in der Arbeit am Ortsrand von Tirschenreuth einen schönen Gewitteraufzug beobachten. Beinahe hätte ich das Gewitter komplett verpasst bzw. erst bemerkt, wenn es zu spät gewesen wäre, da mein Bürofenster nach Osten zeigt. Zum Glück wurde ich darauf aufmerksam, weil ich kurz bei einem Kollegen mit Fenster nach Westen war und in der Ferne einen intensiven Niederschlagskern, aber ohne Strukturen, sah.


    Zurück am Arbeitsplatz habe ich aufs Radar geschaut und gesehen, dass es tatsächlich was größeres ist, weshalb ich mir ein paar Minuten freigenommen habe um den Aufzug zu beobachten.


    14:50 Uhr, erste Strukturen am Horizont, Blick nach Westen (Radar HD+, Regenradar vom 24.06.2021, 14:50 Uhr - Tirschenreuth | Wetter von kachelmann.).



    14:54 Uhr, Blick nach Nordwesten:



    14:56 Uhr, die Böenwalze, vor allem die hellen Wolken, haben richtig schön deutlich horizontal rotiert.



    14:58 Uhr, das Whales Mouth war sehr dynamisch und leuchtete intensiv grün-bläulich:



    15:00 Uhr, das letzte Foto bevor der Regen einsetzte und ich weiterarbeiten musste. Das Foto sollte genau das vermeintliche Hook Echo zeigen. Mein Standort ist ziemlich genau am oberen Rand des "c" in Tirschenreuth, Blick nach Norden: Radar HD+, Regenradar vom 24.06.2021, 15:00 Uhr - Tirschenreuth | Wetter von kachelmann.



    Viele Grüße aus Tirschenreuth

    Thomas

  • Markus

    Hat den Titel des Themas von „Ab 18.06.2021: GEWITTER (Unwettergefahr)“ zu „2021-06-20/21/22: GEWITTER (Unwettergefahr)“ geändert.