15.08.2023 I Schadensanalyse I Willerstedt, Nirmsdorf, Gebstedt (AP)

  • Am Abend des 15.08.2023 (Dienstag) zog eine starke Gewitterzelle von Erfurt über Weimar Richtung Nordosten. In ihrer Zugbahn kam es zu zahlreichen Windschäden.

    Im nördlichen Weimarer Land gab es besonders markante Schäden in Willerstedt und Gebstedt. Auch in benachbareten Orten kam es zu Schäden an der Infrastruktur.


    Hinweis: Die Schadenanalyse konnte nicht vollständig durchgeführt werden, da Gewitter zum Zeitpunkt der Vor-Ort-Analyse am 17.08.2023 auftraten.


    Datum/Uhrzeit Ereignis: 15.08.2023 zw. 18:10 und 18:30 Uhr

    Betroffene Landkreise/Städte: Erfurt, Weimarer Land, Weimar, Sömmerda

    Markante Schäden in: Willerstedt, Gebstedt, Rudersdorf

    Art der stärksten Schäden: Abgedeckte Dächer, Teileinstürze, Verfrachtung von Trümmerteilen zw. 100 und 400m

    Intensität (geschätzt) : T3/F1, schwach (151-183 km/h) bis T4/F2, stark (184-219 km/h) (nur in Bezug auf Gebäudeschäden)

    Bilder/Videos des Ereignisses: Ja

    Auffälligkeiten: Kein chaotisches oder konvergentes Schadensmuster, häufig geradlinig in eine Richtung (West nach Ost), meist Westseiten von Gebäuden am stärksten betroffen


    Karte:


    Radarbilder zum Ereigniszeitpunkt:


    Dopplerradar ab 18:15 Uhr: https://kachelmannwetter.com/d…5grad/20230815-1615z.html


    Radarbilder ab 18:20 Uhr:

    © Skywarn Deutschland e.V., mit Genehmigung


    © Skywarn Deutschland e.V., mit Genehmigung


    Zoom auf die betroffenen Gebiete:

    © Skywarn Deutschland e.V., mit Genehmigung / Grafik: TSC e.V.


    Bild der Gewitterzelle zw. Rödigsdorf und Oberroßla gegen 18:25 Uhr am 15.08.2023 (zu sehen ist die Rückseite der Gewitterzelle in Richtung Nordosten):

    Liebstedt (AP)

    Auf der Fahrt über die L2159 Sachsenhausen - Liebstedt fällt zuerst ein Feld mit Sonenblumen auf. Im gesamten Feld sind die Pflanzen von West nach Ost nach unten gedrückt (Foto blickt in Richtung Norden):


    Am Ortseingang von Liebstedt fällt eine beschädigte Scheune auf. Beschädigt ist die vordere Seite, die nach Westen zeigt und unbeeinflusst von anderen Gebäuden in diese Richtung ist.




    Die Dachteile wurden etwa 110m weiter verfrachtet, liegen jedoch eher linear und nicht verstreut.


    Abgerissene größere Äste am Ortsausgang Liebstedt Richtung Piffelbach. Das Bild entsand am 15.08.2023 nach dem Gewitter (Blick nach SSO).


    Willerstedt (AP)

    Der vermutlich auffälligste Schaden liegt am Nordrand des Dorfes. Der Vorbau an einer Scheune ist komplett eingestürzt und das Dach wurde in Teilen mehrere hundert Meter verfrachtet.


    Überblick:


    Blick nach West vor Ort:


    Blick nach Ost zum eingestürzten vorderen Teil:



    Blick nach Südost:


    Blick nach Nordost:




    Das Dach der hinteren Scheune scheint vollständig intakt. Äußerlich waren keine Schäden zu erkennen. Die Rückseite (Blick nach Südwest) bestätigt das.


    Vor dem nach Osten anschließendem Waldstück liegt ein Stück des zerstörten Daches, dass ca. 100m bis dahin verfrachtet wurde.


    Auf dem Weg Richtung Osten die Straße entlang folgt nach dem Waldstück ein weiteres Grundstück mit größeren Hallen. Bei diesen konnte ich von außen keine Beschädigungen der Dächer feststellen.


    Auf dem Grundstück lagen unmittelbar zu Beginn hinter dem Waldstück einige große Äste und Teile des Scheunendaches in Form von Holzbalken und -brettern. Einige davon hingen auch in den Bäumen am Straßenrand. Wichtig: Die Holzteile haben sich zwischen den Ästen vergabelt und wurden nicht in das Baumholz "gebohrt". Bilder:


    Blick nach SSO:







    Details:





    Das Tor zur Grundstückseinfahrt wurde offenbar ebenfalls beschädigt:




    Im weiteren Verlauf einige Bäume, deren Teile mit Fallrichtung West -> Ost abgetrennt wurden:


    Kleinerer Schaden am Dach dieses Gebäudes (Blick nach WSW):


    Nirmsdorf

    Im nächsten Ort konnte ich mit mehreren Anwohnern zum Ereignis sprechen. Mir wurde wiederholt berichtet, dass das Ereignis "urplötzlich in Sekundenschnelle" stattfand. Der Wind war "extrem stark und kam wie eine Wand von Westen" oder "wie rasender Nebel" oder "wie eine weiße Wand die von den Feldern nach Osten zog".


    Eine Anwohnerin hat das Ereignis fotografiert und gefilmt. Die Aufnahmen bestätigen die Beobachtungen der Anwohner, die typisch für eine Fallböe sind. Auf den Aufnahmen kann kein Tornado oder Rotation festgestellt werden.


    Aufziehende Gewitterzelle in Blickrichtung West:

    © Stefanie Schütze / mit Genehmigung


    Weitere Aufnahme auf dem Feldweg in Richtung Nordnordwest:

    © Stefanie Schütze / mit Genehmigung


    Weitere Aufnahme auf dem Feldweg in Richtung Westnordwest:

    © Stefanie Schütze / mit Genehmigung


    ...etwas später:

    © Stefanie Schütze / mit Genehmigung


    Weitere Aufnahme Richtung Westen. Hier die Straße die nach Westen zur zerstörten Scheune führt. In der Flucht ist bereits zu erkennen, dass die Bäume komplett verschwunden sind (bei den Hochspannungsleitungen):

    © Stefanie Schütze / mit Genehmigung


    Videos:


    Aufzug:

    20230815stsc3.mp4

    © Stefanie Schütze / mit Genehmigung


    Gabelung Feldweg kurz vor eintreffen:

    20230815stsc4.mp4

    © Stefanie Schütze / mit Genehmigung


    Eintreffen des Downburts:

    20230815stsc5.mp4

    © Stefanie Schütze / mit Genehmigung

  • Gebstedt

    Aufgrund eines Gewitters konnte nicht die gesamte Ortslage während der Analyse am 17.08.2023 begangen werden.


    Der präsenteste Schaden ist das vollständig abgedeckte Dach mit Solarmodulen einer großen Landwirtschaftshalle direkt an der L2158. Die Landstraße führt nahezu genau von West nach Ost.


    Blick von Ost nach West aus Richtung Neustedt:






    Blick von West nach Ost:




    Blick nach ONO:


    Blick nach OSO:



    Weitere beschädigte Dächer (Gebäude vorn) bzw. vollständig abgedeckte Dächer (Gebäude hinten), Blick nach Nord:


    Selbe Gebäude Blick nach Süd:


    Die Teile des vollständig abgedeckten Daches liegen in südöstlicher Richtung auf dem gegenüberliegenden Feld. Die Trümmerteile im vorderen Bereich wurden von der Straße zusammengeschoben, um die Durchfahrt zu ermöglichen:



    Auf einer Länge von ca. 400 Metern bis zu einem Waldstück wurden die Dachteile in unterschiedlicher Größe verfrachtet. Auffallend ist die Lage in eine Richtung nach Südosten, ohne eine Streuung der Trümmer:









    Detailaufnahmen:







    Eine weitere imposante Auffälligkeit ist dieser runde Heuballen, der offensichtlich nicht schon dort an diesem Punkt stand:


    ...denn etwa 150m weiter Richtung Westen fehlt genau ein runder Heuballen als Motiv des "Heu-Traktors":



    Zwei letzte Aufnahmen am Ortseingang:



    Im Ort konnte ich mich noch mit einigen Anwohnern unterhalten. Die Beschreibungen ähneln sich denen der Anwohner aus Nirmsdorf. Einen Tornado an sich hat man nicht gesehen, aber aufgrund der intensiven Schäden, die man hier im Ort so noch nicht erlebt hat, als plausibel gefunden.


    Mit dem Gewitter hätte es "extremen Sturm von Westen gegeben, man hat nichts mehr gesehen und es hätte im ganzen Dorf gekracht". Eine weitere Anwohnerin berichtete von einer "weißen Wand die wie eine Sturmflut vom Himmel fiel". Auf einigen Handybildern, die mir gezeigt wurden, war kein Tornado zu sehen. Die Sichtweite war auf weniger als 30m zurückgegangen mit einer weiß-grauen Färbung im Abwindbereich.


    Die Schadensanalyse wird zusammen mit der Tornado-Arbeitsgruppe Deutschland e.V. besprochen und ausgewertet, um den Fall einzuordnen (Downburst sehr wahrscheinlich nach meiner Erfahrung) und Einstufung der Stärke.

  • Markus

    Hat den Titel des Themas von „15.08.2023 I Schadenanalyse I Willerstedt, Nirmsdorf, Gebstedt (AP)“ zu „15.08.2023 I Schadensanalyse I Willerstedt, Nirmsdorf, Gebstedt (AP)“ geändert.