- Offizieller Beitrag
Wann ist ein Chasing ein Erfolg? Es besteht aus Erwartungen und Wünschen unterschiedlicher Art. Jeder hat persönliche Vorstellungen was er heute erleben und sehen möchte. Der Gegenspieler zu persönlichen Erwartungen ist die harte Realität der atmosphärischen Prozesse. Diese steuern uns. Und sie lassen sich nicht zu 100% von uns kontrollieren. Und so ist Storm Chasing das Ergebnis der Entscheidungen, die man trifft.
Heute haben wir zu entscheiden: Nehmen wir wieder die Denver Front Range oder fahren wir nach Süden Richtung Oklahoma? In Anbetracht dessen, dass die Paramter grundsätzlich in Oklahoma besser aussehen und unter dem Aspekt, dass die kommenden Tage auch im Süden die Gewitterlagen stattfinden werden, fällt die Entscheidung auf Oklahoma.
Eine lange Anfahrt liegt vor uns. Von Fort Morgan aus ist unser erstes grobes Ziel Wichita. Die Modelle am Morgen zeigen Superzellen nördlich und nordöstlich von Oklahoma City. Am Wochenende und während des Memorial-Day-Weekends – na juhu.
Eine Outflow Boundary des großen Clusters aus der Nacht liegt quer über Oklahoma und bewegt sich leicht nach Süden. Wir verfolgen die Entwicklung mit Satellitenbild und Modellläufen permanent. Während der 5 Stunden Anfahrt findet dieser Prozess durchgehend statt. Im Team wird das immer wieder besprochen. Thomas und ich passen immer wieder das Zielgebiet an.
Über Stunden begleitet uns Stratus unterschiedlicher Art und Sichtweite:
Bilder (2): Thomas Klein
Und schon wird Wichita wieder Geschichte. Wir müssen uns weiter westwärts orientieren und landen letztlich in Woodward. Hier gibt’s nochmal einen erneuten Check. Wir müssen erneut weiter nach Südwesten.
Bei Leedey landen wir an einer Tankstelle und warten mit ein paar Chasern ab. An dieser Stelle frage ich erneut: Wann ist ein Chasing ein Erfolg?
Der Erfolg ist hier, das richtige Zielgebiet anhand der meteorologischen Parameter festzulegen und dabei immer flexibel anzupassen. Mit einer Mischung aus Satellitenbildern, Messwerten und Kombination von Wettermodellen. Letztere spielen aber in dieser Phase eine nachranginge Rolle. Morgens Wichita festzulegen und dann erst wieder bei Ankunft fünf Stunden später erneut einen Lagecheck zu machen, kann den Tag in diesem Moment beenden.
An besagter Tankstelle wurde dann intensiv Nowcasting betrieben. Wir stehen direkt unter potenziellen Cumuli, die eventuell „die“ Zellen werden können auf die wir warten.
Aber irgendwas passt noch nicht. Zu viel Scherung? Eigentlich nicht so richtig. Felix macht in der Höhen einen flachen Keil aus, der die Konvektion noch hindert.
Nach einer kleinen Verlagerung nach Osten schauen wir im Abendlicht den Quellungen zu. Aber es tut sich einfach noch nichts substanzielles.
Wir sind jedenfalls - wie erwartet - nicht alleine.
Es quillt weiter vor sich hin.
Bilder (2): Thomas Klein
Dafür ploppt nun eine neue Zelle im Westen auf. Diese ist im Anfangsstadium zumindest etwas besser als die Quellungen bei uns. Wir fahren sie an. Zu Erinnerung: Wichita als erster Ausgangspunkt der Morgenplanung liegt von dieser Zelle gute 400 km entfernt (ca. 2-3h)!
Auf der Fahrt endlich mal erste Blitze. Auch das Radarbild wird besser. Wir stellen uns in Zugrichtung bei dem Ort Roll an eine Ölförderpumpe. Auf dem Highway neben uns rauscht die Chaserkonvergenz weiter nach Westen.
Bilder (2): Thomas Klein
Wir sind gut gestimmt: Robuste Strukturen werden sichtbar. Ein Inflowband zeigt an, dass die Benzinleitung zur Zelle steht. Die Blitzfrequenz bestätigt das. Wir haben einige Minuten Zeit, dem Spektakel zuzusehen.
Dann müssen wir aber wieder los. Südwärts ausweichen, damit das Ding nördlich an uns vorbeizieht. Mit dabei: Hunderte Chaser. Es ist inzwischen dunkel. Am Straßenrand stehen jede Menge Chaser. Manche fahren plötzlich raus oder bremsen abrupt ab, weil sie halten. Es macht keinen Spaß. Hinzu kommt unsere Zelle im Nacken, die eine Tornadowarnung erhalten hat. Wir sehen nur nichts aufgrund der Dunkelheit.
In Cheyenne (Oklahoma) halten wir und fotografieren die freistehende Zelle mit ihren Blitzen.
Bild: Thomas Klein
Das ist ein schöner Abschluss und eine tolle Stimmung. Inzwischen ist es 22:00 Uhr und für heute beenden wir zufrieden die Jagd.
Wann ist ein Chasing ein Erfolg? Wenn man nach über 12 Stunden auf der Straße auf das richtige Zielgebiet gesetzt hat und zum Schluss noch ein tolles Gewitter erlebt.
Und eine Tankstelle mit Pizzaoption findet.