11.09.2011 | Nord/Mitte/Ost-Thüringen: Best Chasing ever (GROSS!!)

  • Am 11. September rechneten wir mit einem Kaltfrontdurchgang, der eine Gewitterlage in Thüringen mit sich bringen würde. Dass uns jedoch ein ganz besonderer – mitunter rekordverdächtiger – Chasingtag bevor stehen sollte, war uns zu keiner Minute bewusst… aber seht und lest selbst.


    Teil I: Hainleite/südl. Sondershausen.


    Um 14 Uhr läuft Markus - in Weimar - langsam warm und bereitet sich auf die ersten Zellen in Thüringen vor. Marco – in Jena – rechnet nicht damit, dass es bereits im Westen zündet. So dauert es ein Stück bis letzterer in Weimar eintrifft, um dort zusammen mit Markus gen Nordwest aufzubrechen. Diese zeitliche Verschiebung ist ein glücklicher Umstand, wie sich zeigen wird.
    Wir staunen nicht schlecht, als wir unterwegs die Karten verfolgen und sehen, wie sich eine üppige Zelle aus Südwest schnell auf Nordhausen in Richtung N / NW bewegt. Die Blitzaktivität ist beträchtlich – immerhin haben wir bereits September. Da sich die Struktur der Zelle klar vom umliegenden Wolkenband abzugrenzen weiß, deutet alles auf eine Böenwalze hin.
    Wir befinden uns kurz vor Greußen, als uns klar wird, dass wir es nicht mehr vor die Front schaffen werden. Wir versuchen sie seitlich (nordöstlich) zu erreichen.


    16.27 Uhr. Markus blickt aus dem Fenster und führte den Zeigefinger am Wolkenrand entlang - er sieht plötzlich laminare Strukturen in der sich stets verdunkelnden Front, die allmählich erkennbar wird. Eine Shelfcloud – wie aus dem Nichts!




    Euphorie macht sich breit. Wir haben es geschafft – wir sind noch rechtzeitig angekommen. Wir sehen eine wunderbare Struktur, die uns streifen wird. Markus biegt auf eine Landstraße bei Kirchengel und hält an.


    16.28 Uhr. Wir steigen aus und schauen in den Himmel. Markus schaut zurück – er ist begeistert.




    Schnell sind Kameras und Stative ausgeladen und aufgebaut. Wir haben freie Sicht auf die Front und … was auch immer da nun kommen mag.


    16.34 Uhr. Die Form der Shelf wird klarer. Links und rechts von uns sind Fallstreifen zu sehen – wir jedoch stehen im Trockenen!




    16.35 Uhr. Eine Minute später macht Marco das erste Panorama. Markus baut die Videokamera auf, fotografiert ebenso und geht nochmal zum Auto, um das Radar zu checken.




    16.37 Uhr. Zwei weitere Panoramen folgen. Die Adjektive der beiden nehmen euphorische Komparative an.





    Vor Markus Augen fährt ein Blitz aus der Shelf gen Boden. Drei Sekunden vergehen und es knallt. Marco schreckt kurz auf, bleibt aber vertieft in das Ablichten des Schauspiels. Markus drängt zum Aufbrechen. Es wird ernst.
    Markus: Was mich an dem Blitz so erschrocken hat, war, dass er aus der Mitte des oberen Bogens (der am Bildrand oben nicht ganz drauf ist) kam. Ich hatte an dieser Stelle nicht mit einem Blitz gerechnet!


    16.38 Uhr. Marco macht das letzte Panorama, bevor auch ihn die vernünftige Angst packt. Nördlich von uns färbt sich der Niederschlagskern unter der Shelf dunkelgrün-bläulich. Wir denken an Nordhausen – hier wird es hageln (was es auch tat). Schnell werden die Stative verladen.




    16.39 Uhr. Für Panoramen ist keine Zeit mehr. Die Front bricht nun in wenigen Augenblicken direkt über uns herein. Marco macht noch schnell vier Aufnahmen. Beide trauen ihren Augen nicht.







    16.40 Uhr. Hastig steigen wir ins Auto. Die Kameras weiterhin griffbereit. Der Anblick spottet jeder Beschreibung. Die Adjektive haben inzwischen Superlative angenommen. Markus fährt nach Süden – wir wollen den Niederschlagskern und möglichen Hagel vermeiden. Nach einer scharfen Rechtskurve (siehe Schild im Panorama) halten wir ca. 1km weiter wieder an. Vor uns zeigt sich nun der Schlund dieses Monsters: ein Whales Mouth.





    16.43 Uhr. Schwere Tropfen fallen. Immer wieder müssen wir die Kameras absetzen, um die Linsen zu trocknen. Markus steigt aus und fotografiert ebenso.








    16.46 Uhr. Es wird dunkel. So dunkel, dass die Bilder kaum noch freihand zu belichten sind, ohne sie zu verwackeln. Der Regen nimmt zu. Markus kehrt ins Auto zurück. Wir fahren abermals einen Kilometer weg von der Landstraße auf einen kleinen Feldweg…




    Dort angekommen, finden wir uns inmitten des Regens wieder. Kein Hagel. Wir haben Glück! Ein Blick aufs Radar verrät, dass sich neue Zellenkomplexe im Süden Thüringens bilden. Wir entscheiden uns, aus dem Niederschlag heraus zu fahren und kehren auf die Bundesstraße zurück. Hier treffen wir auf einem verlassenen Feldweg – na wen wohl – Chris! Hallo Chris. Wir unterrichten ihn von unserer Route gen Ost. Er folgt uns unauffällig.


    17.28 Uhr. Wir fahren zw. Weißensee und Straußfurt auf einen Feldweg und bestaunen den mächtigen Komplex, wie er weiter Richtung Sachsen-Anhalt zieht.






    Wir brauchen eine Weile, um uns zu sammeln. Lächeln paart sich mit unermüdlicher Erwartung beim Anblick der heran eilenden Zellen. Langsam verlagert sich der Komplex gen Ost.


    17.30 Uhr. Wir verabschieden Chris. Er fühlt sich der Schadensanalyse in Nordhausen verpflichtet. Wir fahren zurück nach Mittelthüringen.



    Teil II: Nördlich von Apolda.


    18.39 Uhr. Oberhalb von Apolda halten wir an und bestaunen das inzwischen wieder weit entfernte Gewitterband zwischen Ilmenau und Erfurt. Hier ein Foto von der Zelle über Erfurt.





    18.50. Über uns versammeln sich ein paar Mammaten. Es scheint, als wäre dieser Tag nicht mehr zu toppen. Doch es kommt noch besser.




    18.54 Uhr. Die Zelle über Erfurt schwächt sich ab. Wir fahren weiter … nach Stadtroda / Mörsdorf.




    Nun haben wir die Zeit nicht länger im Nacken. Nach kurzem resignierten Halt bei einer bekannten Fastfoodkette in Jena – der Laden war maßlos überfüllt – fahren wir weiter auf der A4. Die nächste Ausfahrt Stadtroda soll es also sein. Inzwischen ist die Sonne untergegangen.



    Teil III: Mörsdorf.


    19.53 Uhr. Mit stehenden Reifen erblicken wir zur Blauen Stunde Blitze gen Südwest. Die einstige Ilmenauer Zelle befindet sich unermüdlich auf ihrem Weg nach Nordost und zeigt sich vor Jena. Wir bauen abermals Kameras samt Stativen auf und werden munter von Mücken zerstochen – kratzt uns das? Nein.






    19.55 Uhr. Markus posiert vor der Zelle. Natürlich kommt kein Blitz. Tse, olle Diva.




    20.00 Uhr. Pünktlich zur Prime-Time zeigt sich die Zelle von ihrer besten Seite. Farben die einen sprachlos machen!





    20.06 Uhr. Es wird langsam stockfinster. Marco macht eine weitere Langzeitbelichtung und entdeckt Strukturen in den Wolken. Unglaublich – eine weitere Shelfcloud!




    Ein Panorama bei Blende 2.8 Iso 1600 zeigt das, was wir mit bloßem Auge nur noch schwer erkennen konnten. Und dann… öffnet der Wal doch tatsächlich nochmal seinen Schlund:




    20.13 Uhr. Die Zelle hat uns nun eingeholt und zieht knapp nördlich an uns vorüber. Wir bleiben trocken und sicher! Was nun kam, war einfach unfassbar.




    Marco macht unterschiedliche Belichtungen und ruft: „Mammaten! Ich sehe hier tatsächlich Mammaten zwischen den Blitzen!“ Markus dreht sich um und ruft: „Crawler!“ Es ist perfekt. Hinzu gesellen sich einige Erdblitze. Manche erwischen wir. Bis 20.30 Uhr fotografieren wir alles von Mammatus über Crawler, Cloud-to-cloud- bis hin zu Flatlightnings.










    20.30 Uhr. Markus vermutet, dass uns bald der Niederschlagsvorhang der Kaltfront einholen wird. Er drängt zum Aufbrechen. Wir fahren über das Hermsdorfer Kreuz auf die A9 und überlegen fiebrig, wie wir den Regen loswerden können. Inzwischen fahren wir permanent mit ihm mit. Höhe Dittersdorf fahren wir ab, Richtung Zeulenroda.



    Teil IV: Zeulenroda.


    21.10 Uhr. Wir erreichen die Talsperre Zeulenroda. Es blitzt und regnet unaufhörlich. Wir halten am Rand des Stausees an und steigen aus. Ein ungutes Gefühl ereilt uns, während wir im strömenden Regen die Kameras aufstellen. Wir packen wieder ein und bleiben im Auto.




    21.14 Uhr. Keine Minute später – Marco richtet vom Beifahrersitz aus seine Kamera freihand auf den See und lässt sie belichten. Zack! Ein grellweißer Blitz zieht in den Wald hinter dem See. Marco schaut zu Markus. Dann gibt es einen markerschütternden Schlag. Wir sitzen wie gebannt im Auto und wagen nun keinen Schritt mehr vor die Tür. Das … war knapp.




    21.30 Uhr. Die Lightshow ist noch nicht vorbei. Markus fährt aus dem Wald heraus aufs offene Land. Hier halten wir in einer Feldeinfahrt und richten unsere Kameras durch die Windschutzscheibe. Das Finale ist nah. Vor uns tanzen nun lauter größere und kleinere Cloud-to-Cloud-Lightnings mit minütlich größeren Abständen.





    22 Uhr. Wir treten den Rückweg an, halten bei besagter Fastfoodkette abermals. Erfolg. Marco ISST. Markus IST glücklich. Marco danach auch wieder. Fotos werden begutachtet.
    23.30 Uhr. Abschied in Weimar. Was für ein Tag!


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    Herzliche Grüße
    von
    Markus
    &
    Marco

  • Auch ein sehr schöner Bericht natürlich! Ach, was rede ich... exzellent!


    Mein besonderer Dank gilt dem Whalesmouth, das ich nicht fotografieren konnte und den schönen Blitzen am Ende, insbesondere den Crawlern. Einzig die Shelfcloud empfand ich nicht als so kontrastreich, dafür kann ich den Kontrast am Whalesmouth bestätigen, ja, eigentlich war es sogar noch spektakulärer.


    So ganz unauffällig bin ich euch aber nicht gefolgt, ich meine, ich hatte es ja vorher angekündigt...

    - wetterinteressiert und unwetterbegeistert seit Beginn der 2000er Jahre
    - TSC-Mitglied seit 2007
    - aktiver Chaser seit 2010

    - als Spotter "zur Ruhe gesetzt" seit 2018

  • Danke Chris!


    Die Shelf mit dem Verkehrszeichen ist stark bearbeitet in den Farben, da es beim Stitchen leider einige Probleme mit den Tonwerten gab.
    Ansonsten habe ich nur überall den Kontrast in der Rawkonvertierung angehoben um das grün-bläuliche "hervorzuheben". Find ich aber noch recht natürlich :).


    Markus und ich hab uns fast ein wenig erschrocken als du mit deinem Auto dann wieder hinter uns aufgetaucht bist :D


    Lg Marco