20.07.19 Nord- & Mittelthüringen | Multizellen / Cluster - Starkregen & Hagel

  • :winken
    Ein kurzer Bericht zum gestrigen Tag mal meinerseits.
    Ich war zusammen mit meinem Vater (den ich mittlerweile anscheinend ebenfalls etwas für Gewitter begeistern konnte... ;) ) auf Tour durch Thüringen. Es war dadurch quasi das erste (wirkliche) Chasing unter meiner Hand, mit eigenem Routenplan und Anfahrtspunkten.
    Wir brachen ca. kurz nach 18 Uhr auf und verlagerten uns via A71 nordwärts Richtung Sangerhausen. Mein ursprünglicher Plan lag darin, erstmal den Kernbereich der durchziehenden Front zu erwischen, quasi sämtliche Modelle hatten auf dem (schon im Lage-Thread angesprochenen) Südharz-Kurs eine sehr klare Ausprägung. Das ganze bestätigte sich relativ schnell, es gab zwar kaum einzelne Zellen, dafür aber innerhalb der Linie ein Gewitter das konstant größeren Hagel produzierte.
    Hagelgrößen (18:30) - https://kachelmannwetter.com/d…essen/20190720-1630z.html Hier ist gut zu erkennen welche die stärkste Zelle in der Linie war.
    Wir waren circa auf Höhe Sömmerda als auf dem Radar auf einmal eine einzelne, vorlaufende Zelle auftauchte. Mein erster Gedanke war hierbei "Mist, die nimmt uns jetzt die Sicht auf die eintreffende Linie." Dennoch stand die Entscheidung weiter Richtung Norden zu fahren. Sangerhausen erschien mir jedoch zu weit nördlich, daher ein kurzer Check der Chasing Point Karte und Braunsroda (nördlich von Heldrungen) wurde unser erster Standort.
    Die frisch entstandene Zelle westlich von Erfurt, hier gut zu erkennen - https://kachelmannwetter.com/d…ingen/20190720-1645z.html

    Die Vorderseite dieses einzeln stehenden Gewitters beobachteten wir für eine ganze Zeit, warteten aber eigentlich auf das Eintreffen der Linie. Nach kurzer Rücksprache mit Markus, der in größerer Gruppe in der Nähe von Mühlhausen unterwegs war und bereits die Linie verfolgte, kristallisierte sich die "Hagelzelle" in der Linie weiterhin als nächstes Ziel heraus. Nachdem die kleine Zelle vor uns weiterhin etwas dümpelte und nur selten einen Blitz von sich gab, brachen wir wieder ein Stück Richtung Süden auf. Ziel war Sömmerda, doch genau jetzt schien dieses kleine Ding richtig an Fahrt zu gewinnen... Während der Fahrt konnte man eine sehr klar abgetrennte [definition=8,3]Basis[/definition] erkennen. Auch die Frequenz der Blitze und deren Intensität nahmen erheblich zu.
    Rückseite der Zelle, direkt unter dem [definition=7,1]Aufwindbereich[/definition]:

    Dieses "Aufleben" kann man hier auch hervorragend anhand der Blitzkarte erkennen (ab 19:40 Uhr einfach mal durchklicken): https://kachelmannwetter.com/d…ingen/20190720-1740z.html
    Auch die Doppler Sweeps zeigten kurz später recht deutlich Rotation - https://kachelmannwetter.com/d…5grad/20190720-1800z.html
    Doch sehr überrascht von der plötzlichen Intensivierung ging es bei Leubingen direkt wieder von der Autobahn runter und auf den nächsten Feldweg. Aufgrund der Radarindikation, der möglichen Hagelgröße sowie der erkennbaren Rotation auf dem Doppler Radar (bestätigt durch die gute Abgrenzung der [definition=8,3]Basis[/definition]) wage ich hier mal vorsichtig der Begriff "[definition=101,0]Superzelle[/definition]" in den Raum zu werfen. Nach der Intensivierung hielt sie ja auch eine ganze Weile durch. Wer nachverfolgen möchte kann sich dazu (zusätzlich zu den oben Eingebundenen) die entsprechenden Karten vom 20.07. ab 19:45/20 Uhr anschauen. Eine tiefhängende [definition=115,1]Wallcloud[/definition] bildete sich jedoch meines Erachtens nicht aus.



    Die Zelle bewegte sich langsam weiter nordostwärts, nachdem wir den Abzug genau verfolgt hatten, war es jedoch zu spät um nochmal effektiv vor die eintreffende Linie zu kommen. In der Ferne waren bereits eine kleinere [definition=14,0]Böenfront[/definition] sowie stärkere Staubaufwirbelungen zu sehen.

    Wir versuchten uns trotzdem nochmal in südlicher Richtung vor die Linie zu setzen. Die A71 via B7 Rtg Weimar zu verlassen erschien mir nicht als gute Option, letztendlich wäre es aber möglicherweise die richtige Entscheidung gewesen. Bei einer Zuggeschwindigkeit von ca. 80 km/h wäre man aber vermutlich im besten Falle nur ein Stück davor gelandet. Via B4 dann doch kurz noch durch Erfurt, bei Klettbach fiel aber endgültig der Entschluss die Linie abziehen zu lassen.

    Letzter Anfahrtspunkt war jetzt nochmal eine Linie die noch westlich von Gotha lag: https://kachelmannwetter.com/d…darhd/20190720-1855z.html
    Via A4 Rtg. Thörey, dort nach kurzer Suche einen guten Platz gefunden, jedoch gönnte uns die Linie mit Abendrot im Hintergrund leider keine guten Erdblitze mehr. (oder wir erwischten sie nicht... :grins )




    Wer nochmal einen kurzen, sehr entspannenden ;) Einblick in die Zellen bei Thörey haben möchte:

    Alles in allem war die Jagd damit beendet, kurz vor 22 Uhr ließen wir die restlichen Gewitter ziehen und machten uns auf den Rückweg.
    Fazit:
    Für das erste Chasing vollständig unter eigener Planung war es eigentlich ein Erfolg. Wir waren jeweils an passenden Punkten, nur die längere Standzeiten "zwischen den Fronten" bei Leubingen sorgte letztendlich dafür, dass wir von der eigentlichen Linie fast überrollt wurden und keine Bilder mehr machen konnten. Auch wenn die ND-Filter Lösung für Blitze teilweise funktioniert, werde ich wohl in Zukunft doch noch in einen Trigger investieren, vor allem um kürzere Verschlusszeiten nutzen zu können. Grundsätzlich sind mir deswegen viele der guten Blitze entwischt. Auch wenn es also nicht die besten Aufnahmen aller Zeit geworden sind, kann ich aufgrund der allgemein gewonnenen Erfahrungen gut damit leben.
    VG, Felix

  • Glückwunsch zur erfolgreichen Jagd mit eigenen Entscheidungen. Und die waren ja wohl richtig so :)


    Doch sehr überrascht von der plötzlichen Intensivierung ging es bei Leubingen direkt wieder von der Autobahn runter und auf den nächsten Feldweg. Aufgrund der Radarindikation, der möglichen Hagelgröße sowie der erkennbaren Rotation auf dem Doppler Radar (bestätigt durch die gute Abgrenzung der [definition=8,3]Basis[/definition]) wage ich hier mal vorsichtig der Begriff "[definition=101,0]Superzelle[/definition]" in den Raum zu werfen. Nach der Intensivierung hielt sie ja auch eine ganze Weile durch. Wer nachverfolgen möchte kann sich dazu (zusätzlich zu den oben Eingebundenen) die entsprechenden Karten vom 20.07. ab 19:45/20 Uhr anschauen. Eine tiefhängende [definition=115,1]Wallcloud[/definition] bildete sich jedoch meines Erachtens nicht aus.


    "Vorsichtige [definition=101,0]Superzelle[/definition]" trifft es ganz gut. Es sind diese Mischungen, die gern eine echte [definition=101,0]Superzelle[/definition] werden wollen, aber wegen verschiedener Bedingungen es doch nicht werden können. Unser Eisenach-Exemplar war da vergleichbar, wie auch unsere vergleichsweise noch schwächeren Exemplare vom letzten Chasing im Thüringer Becken. Man sieht auch auf dem Bild die recht hohe [definition=8,3]Basis[/definition], anders als bei unserer Zelle, die schon tief hing. Bei solch hohen Wolkenbasen einer [definition=101,0]Superzelle[/definition] ist die [definition=115,1]Wallcloud[/definition] erst möglich, wenn die [definition=8,3]Basis[/definition] weiter absinkt, was eine entsprechende Bodenfeuchte und einen Zustrom dieser braucht (den hatten wir gestern nicht oder nur ganz lokal durch die Orographie modifiziert).


    in einen Trigger investieren, vor allem um kürzere Verschlusszeiten nutzen zu können.


    Das ist immer empfehlenswert ;)


    Ergänzung: Du kannst zur Bebilderung Radarbilder von Unwetteralarm nutzen (keine Doppler verfügbar).


    vG
    Markus

    1. Vorsitzender Thüringer Storm Chaser e.V.
    ESSL Voluntary Observer Person (Qualitätslevel QC1) (European Severe Storms Laboratory)
    Weitere Mitgliedschaften: Member of AMS Weatherband · Arbeitskreis Meteore e.V.