Beiträge von Felix L.

    Hallo zusammen,


    hier ein kurzer Bericht zum 14.08.2023, der für mich etwas ungeplant zum längsten Chasing-Tag des Jahres wurde.


    Ich startete gegen 13 Uhr Richtung Nordthüringen, hier zog gerade eine recht intensive Superzelle übers Land, die ich gerade noch passend in der Nähe von Leubingen um 14:15 Uhr abfangen konnte. Zeitweise war eine deutlich ausgebildete Wallcloud zu erkennen:






    Ich telefonierte kurz mit Anton, der die Zelle gerade von Querfurt aus beobachtete. Ich wollte auch noch ein Stück mitverlagern und die Zelle weiter beobachten, also weiter nach Norden und über die A38 dranbleiben (oder nach Möglichkeit davor kommen).


    Auf dem Weg fuhr komplett unerwartet Markus kurz hinter dem Schmücketunnel an mir vorbei. Ich hing mich kurz heran, allerdings wurde die Weiterfahrt nur wenig später durch einen Aquaplaning-Vorfall an einer Senke auf der A71 ein Stück südlich vor Artern gestoppt. Das Wasser stand hierbei fast unerkennbar und im komplett regenfreien Gebiet auf der linken Spur. Ich konnte gerade noch rechtzeitig reagieren und vorsichtig auf die rechte Spur ausrollen. Es standen bereits schon 3-4 PKW mit Warnblinklicht auf dem Pannenstreifen - einige davon hatten wohl auch kleinere Schäden erlitten. Die Spur war dem Verkehrsfunk im Radio nach auch wenig später aufgrund eines Unfalls gesperrt.


    Kurzes Resümee: Unbedingt IMMER bezüglich überschwemmten Straßen wachsam bleiben - auch schon deutlich nach dem Abzug von Starkregen in einem Gebiet. Selbst Autobahnen könn(t)en von lokalen Überschwemmungen betroffen sein. Es braucht auch keinen Hagel um hier für längerfristige Risiken zu sorgen.


    Ich telefonierte daraufhin kurz mit Markus und nach kurzer Absprache setzten wir das Chasing ab Artern zunächst zusammen in meinem Auto fort.


    Die vorherige Superzelle war nicht mehr zu erreichen, es ging jetzt nach Albersroda / nördlich Gleina um die nachfolgenden Zellen zu beobachten. Organisiert und halbwegs blitzaktiv waren die Zellen, mehr war allerdings nicht drin.


    15:45 bei Albersroda, Blick nach Westen:




    Der Niederschlag kam uns jetzt recht nach, es ging ein Stück nach Süden zum Flugplatz Laucha. Der Wind durch die nördlich von uns liegende Zelle drückte ordentlich gegen das Auto, es dauerte nicht lang bis ein erster Ast auf die Straße flog. Danach war der Weg allerdings auch wieder frei von Bäumen.


    16:20 - Blick nach Nordosten auf die vorbeigezogene Zelle:





    Danach zog, hinter dem kleinen Kurzwellentrog, erstmal ein stabilisierender Hochdruckkeil über das Gebiet. Erst zum Abend sollten die nächsten Gewitter anhand eines weiteren Kurzwellentrogs folgen. Hier war live wirklich toll der klare Wechsel von Tief- zu Hochdruck, gemeinsam mit Gewitterentstehung & späterem Zerfall / Auflösung, erkennbar


    Es ging erstmal zurück nach Artern und wir stärkten uns noch mit einem Imbiss in Heldrungen. Danach verlagerten wir in die Nähe von Ebeleben. Nach kurzer Wartezeit etablierten sich wie erwartet die abendlichen Gewitter über Hessen / am Westrand Thüringens. Wir genossen den Aufzug über dem Thüringer Becken in ruhiger Umgebung in vollen Zügen:




    Etwas später wurde dann auch mehr Struktur sichtbar - beleuchtet von regelmäßigen Erdblitzen. Teilweise waren es durchaus mächtige Mehrfachentladungen.






    Ein kleines, vorlaufendes Gewitter vermieste uns den Aufzug im letzten Moment leider ein bisschen. Auf dem nächsten Bild ist auf der linken Seite schon etwas der Niederschlag vor der Front zu erahnen. Aus der Zelle schoss nach einer Weile auch ein kraftvoller Erdblitz in nicht allzu großer Entfernung in den Boden.



    DIESER hier- den Anton schön aus der Entfernung eingefangen hat. ^^


    Alsbald setzte natürlich auch der Regen des Gewitters ein, der uns unweigerlich zum Einpacken zwang.


    Für eine schnelle West-Ost Verlagerung waren wir etwas zu weit weg von der A38. Eigentlich hatten wir vorher damit geplant uns am Standort bei Ebeleben nur überrollen zu lassen, die tolle Struktur & Blitze ließen uns den Gedanken allerdings verwerfen. Im zunehmend stärkeren Regen ging es zur Anschlussstelle Nordhausen und von dort nach Osten. Leider ist die Autobahn auf einem längeren Abschnitt hier mit einer Baustelle belastet. Die Front war mit 40-60 km/h auch nicht wirklich langsam unterwegs, was problematisch wurde.


    Wir versuchten es nochmal mit einer Beobachtung bei Farnstädt, was allerdings aufgrund der eher langsamen Verlagerung nicht viel brachte. Man hätte noch ein Stück fahren sollen, wir standen hier jedenfalls voll im starken Wind der Linie und konnten eigentlich auch nichts mehr machen, als uns trotz Verlagerung überrollen zu lassen.


    (Markus setzte das Chasing am Abend ab Artern wieder im eigenen Auto fort, da wir nach der Linie auf unterschiedlichen Wegen zurück mussten.) Wir standen in der letzten Phase des Chasings noch per Telefon in Kontakt, der starke Wind und heftige Regen beendete den Kontakt aber recht abrupt, nachdem wir das Chasing hier abbrachen / beendeten. Für uns beide ging es jetzt im heftigen Starkregen nach Hause. Ich durfte dabei erstmal ca. 20-30min Stau in einem kleinen Ort genießen, da die A38 hier Richtung West gesperrt war... Auf der für LKW gesperrten Umleitung versuchten es natürlich trotzdem ein paar LKW, die dann unter dem starken Gewitter und bei der Einsicht, das sie im späteren Verlauf der Umleitung (über einen asphaltierten Radweg) nicht weiterkommen würden, auch noch auf engstem Raum für eine Ewigkeit wenden mussten...


    Ich hatte von dem Verkehrschaos danach echt genug, zumal innerorts bei einem derartigen Gewitter auch gerne mal Ziegel o.ä. auf die Straße und somit auf die wartenden Fahrzeuge fliegen konnten.


    Nachdem ich schon fast wieder in Arnstadt angekommen war, bewunderte ich erst aus dem Auto, später dann bei Stotternheim die Rückseite der Gewitterlinie noch unter klarem Sternenhimmel. Dazu war hin und wieder auch noch eine Sternschnuppe sichtbar. Ich musste trotz des schon langen Ausflugs einfach nochmal anhalten.



    Es schien wie ein unendliches Geflacker, auf den Bildern finden sich über 30-40 Sek Belichtungszeit meist diverse Erd- und Wolkenblitze.



    Gegen 0:30 Uhr beendete ich das Chasing bei weiterhin angenehmen 20°C und 19er Taupunkt. Eine unglaublich schwüle Luftmasse, die auch noch weiter bestehen sollte... Mir war klar das es am nächsten Tag weiterging, daher wollte ich jetzt auch etwas Ruhe.


    Der nächste Bericht folgt...



    Viele Grüße,

    Felix

    So langsam muss ich mich mal durch die angehäufte Menge von Bildern und Eindrücken aus dem August arbeiten. Trotz viel Arbeit ja nicht unbedingt die schlechteste Sache der Welt. ;-) Den Anfang macht jetzt der 02. August.


    Nordwestlich der Mitte Deutschlands befand sich an dem Tag ein Feld energiereicher Luft, das sich hinter einer am Morgen abgezogenen Warmfront aufbaute. Gleichzeitig überlappte sich dieser Bereich auch noch mit starker Windscherung. Ein Problem gab es allerdings und das war die Zuggeschwindigkeit. Die Gewitterzellen bewegten sich teils mit über 90 km/h! Somit war die Verfolgung, wenn überhaupt, nur über die Autobahn möglich.


    Ich traf mich gegen 12:30 mit Markus am Haarberg in Erfurt, von dort aus mussten wir zügig in die anvisierte Zielregion östlich des Ruhrgebiets. Wie so oft hat man im unbekannten Gebiet meist ein paar kleinere Probleme einen guten Standort zu finden. Gerade das Gelände um Paderborn ist zwar nur leicht gewellt. steht teils aber voll mit kleineren Waldstücken, Industrieanlagen oder Strommasten. Nachdem wir einen befestigten Schutthügel - dem weltbekannten "Mount Marion" - gefunden hatten, ging der Blick wieder vermehrt zurück auf´s Radar. Wir waren zwischen Paderborn und Lippstadt, die beste Gewitterzelle würde allerdings etwas weiter nördlich durchziehen.


    Wir verlagerten daher nochmal in Richtung Langenberg, aufgrund von Ortschaften und Verkehr waren wir allerdings nicht schnell genug für die rasenden & neu anbauenden Gewitter. Während auf der Anfahrt nach Langenberg zu unserer Linken noch klar eine tiefe Wallcloud erkennbar war, wurden wir nur Minuten später von stärkerem Regen erfasst. Mit der Neubildung direkt über dem Kopf -> kaum Sicht, null Struktur.


    Radarbild: https://kachelmannwetter.com/d…falen/20230802-1415z.html


    Man sieht auf dem Radar auch gut die Niederschlagssignale zwischen den Zellen um Lippstadt und Gütersloh - dieser Regen machte jede noch so gute Aussicht zunichte. Aufgrund von Zugbahn und Umbau zu einer auf dem Radar eher unspektakulären Linie, brachen wir die Verfolgung hier direkt ab. Südlich von Paderborn - etwa bei Bad Wünnenberg - gab es nochmal einen Ausblick auf die Rückseite der flachen Zellen:



    Etwas ernüchtert über den fehlgeschlagenen Abfangversuch, richteten wir den Blick dann wieder nach Süden. Bei Bad Berleburg formierte sich eine neue Reihe von Gewittern:


    https://kachelmannwetter.com/d…darhd/20230802-1520z.html


    Wiederholt etwas unglücklich und eventuell nicht 100% durchdacht nahmen wir zur Anfahrt Richtung Bad Wildungen die Bundesstraße. Aufgrund von Streckenführung & Ortschaften war hier allerdings nichts zu gewinnen - wir verpassten aufgrund der enormen Zuggeschwindigkeit die Möglichkeit direkt über die Autobahn südöstlich vor den Zellen zu landen. Südlich von Warburg nutzten wir dann trotzdem die Möglichkeit einen Blick auf die Rückseite mit den kräftigen Aufwindtürmen der kleinen Front zu werfen.





    Hier trafen wir sogar kurz auf einen Chaser aus Belgien, der "nur" wegen dieser kleinen aber womöglich recht brisanten Lage nach Deutschland gefahren war.


    Einmal in der Nähe der Autobahn konnte man sich jetzt allerdings auch wieder zügig verlagern. Die nächsten Gewitter sollten bereits folgen, es ging daraufhin nach Fritzlar. Gegen 19/19:30 Uhr erreichten wir hier einen Standort der einen guten Blick auf die abziehenden Zellen im Norden, sowie auf die Nächsten direkt nach Westen, bot.



    Das hinter den Wolken langsam absinkende Sonnenlicht sorgte für eine tolle Atmosphäre! Die westlich von uns gelegene Linie kam schnell näher, leicht modifiziert durch die Orographie bildete sich hier auch vorderseitig etwas Struktur aus:




    Die "Weisse Wand" rückte schnell und bedrohlich immer näher heran und verschlang auf dem Weg die Landschaft hinter sich:





    Microburst incoming:



    19:43 Uhr - Gleich hatte sie uns - das Zuschauen machte einfach nur Spaß:



    Einmal im Niederschlag war es in etwa so heftig, wie der Blick darauf es vorher schon vermittelt hatte:


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    Danach: Sonnenschein, Regenbogen - wieder bestes Wetter





    Der komplette Aufzug einmal als Zeitraffer (inkl unserem Rumgerenne ^^ )


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    Danach war nicht mehr viel zu holen. Es gab zur Stärkung nach den mittlerweile ca. 8h noch eine Pizza. Daraufhin traten wir, wiederholt unter Gewittern, die Heimreise an.



    VG, Felix

    Kurzes Update 16.08. - 13:30


    Aktuell befindet sich noch eine Wolkendecke über der Landesmitte, die bisher weitere Sonneneinstrahlung verhindert hat. Im Laufe der nächsten Stunden sollten sich die Wolken allerdings auflösen und die Temperaturen vorerst etwas steigen. Zusammen mit der Feuchte der Vortage liegen die Taupunkte landesweit um 18-20°C.


    Die möglichen Entwicklungen am Nachmittag / Vorabend sind aktuell noch etwas unklar, teils wird nicht mit Auslöse von Gewittern gerechnet, teils mit einigen Zellen im Bereich des Südharz. Diese könnten sich mitunter aufgrund einer lokalen Konvergenz am TH Wald organisieren und dann auch stark ausfallen. Diese Option wurde vor allem vom SNow Modell in den Morgenläufen gestützt, ist aktuell aber eher wieder verschwunden.


    SHD bietet am Nachmittag von Niedersachsen / Hessen her noch eine "Linie vor der Linie", ggf aus stärkeren Einzelzellen entstehend, an. Diese würde bis zum Abend einmal von Westen her über Thüringen laufen.


    Fest steht: Fast alle oft zitierten Modelle (ID2, SHD, SNow, EZ4, AROME) rechnen weiterhin mit dem mit Eintreffen einer starken Gewitterlinie heute spätabends bzw am frühen Morgen des 17.08.. Den dynamischen Antrieb dafür liefert wiedermal ein Kurzwellentrog, der sich über die Nacht von SW nach NO verlagert. Neben Starkregen und Hagel bis ca. 2cm liegt die Gefahr bei starken Windböen um 70-100km/h, wobei Südwestthüringen hier ggf stärker betroffen ist als die restlichen Landesteile.

    Hi Florian, danke für den Bericht! Letztendlich war die Entwicklung über Sachsen-Anhalt dann ja auch wirklich noch ansehnlich!


    Das Fazit gezogen, muss man schon abwägen, inwiefern sich die Strecke (360km hin & zurück) beim Resultat gelohnt hat. Hätte sich die Struktur nicht gebildet, dann deffo ein Schuss in den Ofen, aber so gerade noch hinnehmbar und doch zufriedenstellend.

    Immer wieder schwierig... Gerade in letzter Zeit gibt es meinem Eindruck nach viele Lagen, die optisch sehr gute und teils wieder maue Phasen haben. Irgendwie muss man dann letztendlich ein bisschen damit arbeiten und hoffen, das die Entwicklung im Standortumkreis halbwegs passt (gerade mit Zuggeschwindigkeit 70km/h+). Wir hatten gestern im Raum Paderborn / Lippstadt anfangs den Ablauf: Starke Zelle angefahren -> während der Anfahrt bereits tiefe Basis / Wallcloud gesehen -> während der letzten paar Minuten Fahrt über uns / entlang einer Linie einige Neuentwicklungen -> Starkregen -> keine Sicht, keine Chance mehr. Nur wenige Minuten hätten hier den Unterschied gemacht, aber das kann man bei der Dynamik und ohne Ortskenntnis kaum beeinflussen. Irgendwo spielt dann auch das Glück mit. ;)


    Was ich selbst mitnehmen würde, ist eben das Nowcasting. Nicht zu sehr auf Modell und die digitale Sichtweise (Radar) fokussieren, sondern rausgucke', um es auf gutdeutsch zu sagen.

    Im Nowcast kannst du auch wirklich nur kurz die Modelle in einer weniger stressigen Phase vergleichen - wenn´s dann nicht passt, nur noch nach Radar, Erfahrung und den grundsätzlichen Schlüssen aus dem Forecast weitermachen. Gerade wenn´s dann doch zu einer anderen / stärkeren Entwicklung neigt als im Modell, wird es ja interessant.


    Insgesamt war es organisatorisch ein gelungenes Chasing: Hinfahren, mit Zeitpuffer abwarten, abstimmen und ansteuern (mit Erfolg). So für mich ein weiteres, erfolgreiches Erlebnis im jungen, eigenen Chasingleben.

    :thumbup:

    Chasingbericht zum 29.07.2023


    Das Setup am 29.07. war durchaus spannend und es bestand einiges an Potenzial zur Entwicklung starker Gewitterzellen. Die Vorhersage / Ausgangslage ist aus unserer Lagebesprechung heraus hier nochmal genauer dargestellt: 2023-07-29 Gewitter


    Während die Entwicklung über Thüringen gewissermaßen garantiert war, ich jedoch ursprünglich nicht den Weg bis nach Sachsen-Anhalt / ins südliches Brandenburg aufnehmen wollte, entschied ich mich für die etwas wackelige Option im Süden des Thüringer Walds. Die Lage in Franken bot prinzipiell alles, was es für ein paar schöne Gewitterzellen brauchte. Energie (CAPE, um 600-800J/kg) und gescherte Windverhältnisse - wenn auch hauptsächlich Geschwindigkeitsscherung mit der Höhe. ID2 und SNow modellierten aus dem nördlichen BaWü heraus einige kräftige & organisierte Zellen die sich nach Franken herein verlagern sollten.


    Mein Plan war eigentlich nur das (hoffentlich ansehnliche) Südende dieser Gewitter abzufangen und dann zurückzufahren. Wie es aber meistens so ist... einerseits kommt es leicht anders als geplant, andererseits, einmal im Chasemode, will man sich auch nicht direkt zufrieden geben wenn es noch Optionen gibt...


    Ich fuhr ca. 13:30 ab Arnstadt los und zunächst Richtung Wülfershausen a.d. Saale.


    https://kachelmannwetter.com/d…essen/20230729-1250z.html


    Aus Hessen heraus gab es einige Entwicklungen, die aber leicht nördlicher waren als angedacht. Das war nicht ganz optimal, aber ich hatte ja noch circa eine Stunde bis zur Ankunft der kleinen Linie Zeit... allerdings auch wenig Ortskenntnis.


    Sounding 12z Meiningen:



    CAPE wie gewünscht genug vorhanden, Scherung in Bodennähe durch den Südwind sogar ganz nett. Die Bedingungen waren wie erwartet gut. Fehlte noch der passende Standort.


    ... Ist es hier gut? Nein, etwas zu viel vom Hügel im Weg.

    Hier? Hm, Waldstück sehr nah und im Blick.

    ...oder hier? Auch zu sehr in Tallage. ...


    Ich fand nach längerem Hin und her einen recht akzeptablen Blick bei Obendorf (Wer hätte gedacht das ein Ort mit dem Namen *fast* auf einem Hügel liegt? ;))


    Gegen 15:50 - Die Linie rückte an. Dabei war eine recht nette Böenwalze und darüber leichte Andeutung einer Shelfcloud zu sehen:


    Handyfoto:




    Nunja... die Atmosphäre war nett, aber ausbaufähig. Bei der Lage musste doch etwas mehr gehen?!


    Ich verlagerte ans absolute Südende der Gewitter nach Römhild. Blick um 16:00 von dort aus:



    Kraft war dahinter, ich allerdings auch zu nah um optisch noch was rauszuholen. Keine wirkliche Chance mehr über Landstraßen und Orte davor zu kommen. Die Linie würde ich gleich verabschieden müssen. Südlich von mir waren jetzt allerdings die Zellen entstanden, mit denen ich ursprünglich gerechnet hatte. Sogar noch etwas weiter im Süden als gedacht. Im Doppler waren sie zeitweise auch mal etwas auffällig.


    Mein Plan war anfangs bei Wülfershausen zu warten und dann die B279 zur Verlagerung nach Osten zu nutzen. Jetzt stand ich allerdings wortwörtlich "zwischen den Fronten".


    Radar: https://kachelmannwetter.com/d…ausen/20230729-1405z.html


    Nun gut, also durch und hoffen, dass diese Zellen die erhoffte Struktur bringen. Ich fuhr auf direktem Weg südlich zur B279 und dann Richtung Coburg. Wie zu erwarten war herrschte unter den Zellen kräftiger Starkregen vor. (PWAT im Sounding bei fast 30mm...). Ich versuchte da durchzukommen, es ging aber einfach nicht. Die B279 stand teils unter Wasser, besonders gefährlich waren die Stellen, an denen es seitlich vom auf die Straße strömte. Ich wollte eigentlich hier abbrechen und nach Norden über die A73 zurück, fuhr allerdings fälschlich die erste Abfahrt hinunter und erstmal bis Untersiemau (südlich von Coburg) und brauchte einige Minuten Pause. Wie sollte es weitergehen?


    Radar: https://kachelmannwetter.com/d…oburg/20230729-1455z.html


    Die A73 führte nach Süden eigentlich "optimal durch" die Zellen, danach wäre es kein Problem über die A70 wieder davor zu landen. Ich entschied es ein letztes mal zu versuchen, die Fahrt war erwartungsgemäß... heftig. Ich habe keine Aufnahmen davon, aber südlich von Bad Staffelstein war wohl das Maximum an Starkregen für den Tag erreicht. Man kann auf dem Radar den kleinen, schwachen Bereich etwa bei Lichtenfels sehen. Diesen erkannte man visuell gut, ebenso wie den Downburst der in diesem Moment vor mir über die Bahn fegte... Gott sei dank ohne große Schäden an der Vegetation. Fahrttechnisch ging kurzzeitig fast nichts mehr.


    Radar: https://kachelmannwetter.com/d…oburg/20230729-1525z.html


    Einmal hindurch - wunderbarer Sonnenschein, strahlend blauer Himmel. Es ging weiter über die A70 bis südlich von Thurnau. Blick auf eine Zelle nach Osten, gegen 18:25:



    Es war, mit dem wohl getrennten Aufwind, schon zu erkennen das die Zellen prinzipiell in Richtung organisiertem Aufbau strebten. Spannend oder wirklich blitzaktiv waren diese Exemplare aber noch nicht.


    Die Nächste nahte aber schon wieder heran und ich wollte gerne einen direkten Blick darauf. Allein und ohne Erfahrungswerte in dieser dauerhaft hügeligen Umgebung einen guten Standort zu finden, ist leider alles andere als simpel. Wobei gerade das aber ggf auch mal den Reiz ausmachen kann. Zumal man bei den ganzen Berg/Talfahrten nur zeitweise etwas sieht und gewissermaßen immer etwas unter Druck steht. Ich entscheid mich letztendlich noch ein Stück nach "Kleetzhöfe" zu fahren und suchte eine halbwegs passable Aussicht auf einer Anhöhe. Ein Radfahrer konnte mir bzgl des Standorts noch etwas weiterhelfen - sowie ich hoffentlich ihm mit einer Warnung zur Zugrichtung der heranziehenden Zelle.


    Radar: https://kachelmannwetter.com/d…mbach/20230729-1645z.html


    Blick nach Westen - 18:45 Uhr:



    Siehe da... Bingo! Die Berechnung und Vermutung in Richtung Superzelle vom Anfang ging also spät und fast nicht mehr erwartet doch noch auf ...und rettete mir mental gewissermaßen Tag & Jagd.


    Die nächsten Bilder entstanden zwischen 18:45 bis ca. 18:55 Uhr. Man beachte u.a. vor allem die Verstärkung des RFD:




    An den Windrädern konnte ich vor Ort leider nichts ändern. Allerdings kann man im Nachhinein für die Optik ja mal etwas spielen...



    Was für eine wunderschön freigestellte Superzelle... ;)



    Ich denke was man hier zum Ende zu sehen bekam, war die langsame Umwandlung der Zelle hin zu eher "regulärer" Struktur. Das tiefe Wolkenband von rechts war zuvor mehr ein Inflowband vor dem FFD und löste sich nun allmählich mit der Wallcloud auf. Die Atmosphäre war gleichermaßen genial und bedrohlich.



    Viel zu befürchten hatte ich nicht unbedingt, auch wenn der ein oder andere Blitz entlang der Unterseite für etwas Spannung sorgte. Ins Schwitzen kam ich dann nur kurz, als ich auf dem Feldweg, im Auto den Schlüssel nicht mehr finden konnte... Nach ca. 2 Minuten leichter Panik, stieg ich nochmal kurz vor knapp aus und fand ihn dann doch noch in der Ecke des Sitzes...


    Zelle drüber hinweg, keine Schäden, nur etwas herumgeflogenes Blattwerk. Nochmal der Blick nach Osten:



    Der Aufwind war im strahlenden Sonnenscheint schön anzusehen. Wirklich zu einem Foto kam ich allerdings nicht mehr - die Ausblicke sind einfach unbekannt und begrenzt.




    Ich war für meinen Teil erledigt und froh endlich mal wirklich durchatmen zu können. Ca. 6h Fahrt & Chasing bis hierhin, dabei über längere Phasen durch Starkregen und leicht überspülte Straßen, lagen hinter mir.


    Überall stieg nun leichter Nebel auf und sorgte auch auf der Rückfahrt immer wieder für schöne Ausblicke im Abendlicht.


    Bis zum heutigen Tag und dem damit 3. längeren Chasing muss ich sagen, das es keine simple Sache ist im unbekannten, hügeligen Gebiet zu chasen. Eine erste Platzierung ist ggf aus Erfahrung noch möglich, danach wird es aber ein meist hitziges Spiel aus Zeit, Gewitterentwicklung sowie Straßen- & Standortwahl. Letztendlich ging es hier 50/50 aus Planung und Glück am Ende doch noch halbwegs wie geplant auf.


    Die dann doch weitreichende Fahrtstrecke:



    Danke für´s lesen!


    VG, Felix

    Thread zur Gewitterlage am 29.07.2023


    Zusammenfassung der Lagebesprechung vom 28.07. - 19 Uhr


    GWL & Übersicht:


    - steuerndes Tief am Samstag über Schottland

    - Heranführung feucht-warmer Luftmasse bereits in Gang

    - Thüringen liegt nördlich des Jetstreams, dessen oberes Ende über Bayern verläuft

    - Trog / Position des Jetstreams bringen / verstärken Hebungsantrieb

    - Windscherung vorhanden, allerdings hauptsächlich Geschwindigkeitsscherung - tendenziell nach Süden zum Jetstream hin stärker

    - Warmfront überquert aktuell bereits den Norden Deutschlands, daran hängend in den Morgenstunden verbreitet Schauer und einzelne Gewitter möglich

    - Kaltfront erreicht Thüringen am Nachmittag


    Quelle: Deutscher Wetterdienst / Analyse und Prognosekarten Europa - Wetter und Klima - Deutscher Wetterdienst - Startseite



    Ablauf:


    Aus der aktuellen Modelllage kristallisiert sich folgende Entwicklung: Nach Passage einiger Schauer und ggf kleiner Gewitter die Thüringen am frühen Samstagmorgen erreichen, folgt nach kurzer Ruhephase die Kaltfront des Tiefs. Gewitterentstehung aus West dabei ab dem frühen Nachmittag. Vorderseitig Aufbau von ca. 500-1000J/kg CAPE.


    Es gibt aktuell noch Unterschiede beim Auslösezeitpunkt. ID2 lässt bereits ab ca. 13:30 Uhr erste Gewitter von West- nach Ostthüringen ziehen und zeigt dahinter eine abgeschwächte, zweite Welle. SuperHD gibt vergleichsweise mehr Platz und lässt erste Zellen in der Landesmitte erst ab ca. 15:00 Uhr eintreffen / entstehen. Vor allem ein Bereich vom Südharz über das südliche Sachsen-Anhalt bis nach Sachsen hinein stellt sich über viele der Modelle als zentraler Aktionsbereich heraus. Hier werden in Verbindung mit den herannahenden Gewittern auch bis zu 1400 J/kg CAPE modelliert. Hier zeigen die Modelle auch rotierende Aufwinde (Superzellen-Index) an. Es ist allgemein aufgrund der mittelmäßig ausgeprägten Windscherung teilweise mit organisierten Gewittern zu rechnen, die sich im Verlauf ggf linienartig aufbauen. Kurz vor den Zellen ist eventuell auch aufgrund von lokalen Konvergenzen mit einer leichten Winddrehung auf Süd mit etwas bodennaher Scherung zu rechnen. -> begünstigt Organisation


    Etwas unklar ist der Bereich südlich des Thüringer Waldes. Sollte der Jetstream eine Entwicklung nicht bereits zu stark blockieren, sind hier ebenfalls organisierte Gewitter in einer Umgebung mit 600-800J/kg CAPE und eventuell sogar etwas besserer Windscherung (aufgrund des Jetstreams) denkbar. Es ist allerdings eine eher unsichere Option und könnte sich mitunter auch gar nicht / nur schwach entwickeln.


    Auf was sollte man achten?


    - umso mehr Einstrahlung hinter vormittäglichem Regengebiet desto besser

    - mögliche frühe Auslöse (wie ID2 im 15z simuliert) beachten

    - Zellen anfahren und beobachten -> Entwicklungspotenzial ist gegeben

    - Zuggeschwindigkeit wohl um 50-60km/h


    Gefahren:


    - Starkregen

    - Sturmböen

    - in organisierten Zellen auch Hagel und schwere Sturmböen möglich



    Updates bei Bedarf

    Fünf Bilder zum 24.07.:


    17:53 Uhr westlich von Erfurt, relativ kräftige Gewitterzelle an dem Punkt mit leichter Böenfront:



    Nach Abzug der Linie, Blick bei Neudietendorf auf die Gewitter über dem Thüringer Wald gegen 19:30 Uhr:




    Am Abend (ca. 20:20 Uhr) zog dann noch der klägliche Rest einer Zelle aus Hessen nach Thüringen rein ;-) An der Unterseite gab es immer mal wieder recht nette Features, allerdings starb das Teil zu schnell, als das sich noch wirklich schöne Strukturen ergeben hätten.


    Die Wolkenreste über Tüttleben brachten noch eine ganz nette Abendstimmung:




    VG

    :thumbup:


    Scheint genau der richtige Moment gewesen zu sein, den du erwischt hast! Wenn man sich das Teil im Doppler anschaut siehts so aus wäre die stärkste Phase direkt kurz vor und über Magdeburg gewesen. Wenig später wirkt es dann auf dem Radar wieder sehr linienhaft.


    Man hätte doch zu dem recht klar besten Bereich des Tages fahren sollen, sind allerdings auch etwas mehr als 2h von hier... Nächstes mal eventuell... ^^ Wenn ich das so sehe, hätte aber wohl schon ca. 15min Unterschied (andere Position westlich oder östlich) komplett andere Ergebnisse gebracht und dann wäre es "nur" eine recht kräftige Gewitterlinie gewesen.


    VG

    Moin! Aus Zeitgründen etwas verspätet ein (eher bildlastiger) Bericht zum Chasing vom 15.07.2023.


    In Erwartung von zwei unabhängigen Gewitterlinien, erste entlang einer Konvergenz, zweite im Zuge der Kaltfront eines heranziehenden Tiefdruckgebiets, machte ich mich am Nachmittag auf nach Franken. Für Bayern erhoffte ich mir an dem Tag generell die besten Chancen, einerseits waren die Zutaten für Gewitter etwas besser als weiter nördlich, andererseits hatten auch die Modelle diese "Doppelpassage" von Gewittern recht einheitlich simuliert.


    Ich erreichte meinen letztens gefundenen Chasingpunkt bei Mellrichstadt gegen 18:45 Uhr - direkt vor der ersten Linie. Die Wolkenbasen waren hier aufgrund der sehr trockenen Grundschicht noch sehr hoch, aber es war ja auch nur der Startschuss.


    Blick nach Südwest auf die Gewitter:




    Erdblitze erwischte ich leider keine - was sich hier aufgrund der freien Sicht sehr schön angeboten hätte.




    Auf Sturm und Regen folgten erstmal wieder Sonnenschein und Regenbogen. ;-)






    Danach suchte ich mir, um die Umgebung etwas besser kennenzulernen und ggf um vorlaufenden Regen der zweiten Linie entkommen zu können, einen neuen Standort.


    Ein Stück nördlich von Wülfershausen a. d. Saale konnte ich den (für mich bisher schönsten aus diesem aus diesem Jahr) Sonnenuntergang erleben. Dazu gab es auch noch einen Blick auf die "mammatenreiche" Rückseite der ersten Linie, die sich jetzt den Weg über Thüringen bahnte.









    Es müssen nicht immer Gewitter sein, im Nachhinein betrachtet war das wohl der schönste Wettermoment des Chasings.


    Es war jetzt ca. 21 Uhr und ich hatte noch viel Zeit bis zum Eintreffen der nächsten Gewitter. Diese zogen gerade erst über die südwestliche Landesgrenze von Frankreich herein. Ich musste allerdings nochmal ein Stück verlagern, da der Blick hier nur nach Westen wirklich gut war. Ich begann etwas zu rätseln, da die Aussichtspunkte hier teils zwar sehr gut, meist aber in eine unpassende Richtung ausgerichtete waren. Ultimativ würde ich in der Region vermutlich einen Standort um den "Weißen Turm" nordöstlich von Wülfershausen empfehlen. Hier bieten sich entlang geschotterter Versorgungswege eigentlich diverse Punkte an. Ich befürchtete allerdings in diese nach Nordosten vorlaufende Spitze zu gelangen:

    https://kachelmannwetter.com/d…ingen/20230715-2110z.html


    ...und begann daher nochmal ein etwas unpräzises Verlagerungsspiel. Schwierig, da ein paar hundert Meter in der Region schon zwischen Hügel und Tal - und damit über den gesamten Ausblick entscheiden können. Hinzu kommen immer wieder kleine Waldstücke, die auch nochmal einschränken können.


    Ich fuhr erst nach Aubstadt, dann zu einem Aussichtspunkt nördlich von Bad Königshofen... immer noch nicht so gut. Es ging nochmal ein Stück zurück, die Aussicht war gut, die Straße hinter mir aber bei Nach zu stark befahren (ständig Licht auf dem Feld und der Kamera). Also nochmal ein Stück weiter - höhergelegene Verbindungsstraße zwischen Bad Königshofen - Aubstadt - gesperrt. (Ich war zuvor über Ottelmannshausen gefahren) Langsam wurde es eng, ich fand dann noch mit Hilfe von einem Paar das sich gerade mit dem Rad wohl auf dem Heimweg befand, einen nahegelegenen Punkt nordwestlich von Bad Königshofen. Nicht perfekt, aber beim nächsten Mal kennt man sich dann immerhin gleich besser aus...


    Die Linie erreichte die Region gegen 23:30/40 Uhr, viele der Blitze leider in den Wolken. Die Struktur war erwartungsgemäß eher mäßig, immerhin gab es eine schöne Stimmung und ein recht starkes Gewitter zu erleben.






    Ich ließ mich überrollen und beendete die Jagd hier. Im Starkregen ging es dann zurück nach Hause, wo ich gegen 1:30 Uhr wieder ankam.


    Danke für´s lesen! Ich hoffe es war trotz begrenzter Wolkenstrukturen interessant das Chasing mitzuverfolgen. So richtig will es dieses Jahr in der Landesmitte noch nicht... ^^



    VG, Felix

    Thread zur Gewitterlage am 15.07.2023


    GWL:


    Deutschland befindet sich östlich eines Troges, der im Tagesverlauf von der Biskaya nach Frankreich schwenkt. Das steuernde Tief befindet sich dabei über den britischen Inseln. Die dazugehörige Kaltfront liegt etwa im Raum Benelux und bewegt sich zum Abend hin in den Nordwesten Deutschlands. Vor der Kaltfront kann sich eine Tiefdruckrinne ausbilden, die aufgrund der SW-Strömung trocken-heiße Luft zu uns führt. Die Temperaturen werden tagsüber die 30°C Grenze in vielen Bereichen - besonders nach Osten hin - problemlos überschreiten. Maximalwerte von 34-36°C sollten auch bei uns erreicht werden.


    Am Abend bzw. in den Nachtstunden wird Thüringen aus aktueller Sicht von Gewittern mit Unwetterpotenzial überquert. Die Modelle simulieren die Entstehung der Gewitter dabei recht einheitlich - allerdings ist der Zeitpunkt sowie die lokale Ausdehnung noch nicht ganz klar. Es wird sich wohl eher um eine Lage mit niedriger Energie (200-500 J/kg) - dafür aber mit kräftiger Windscherung handeln. Während am Boden eher westlicher Wind vorherrscht, dreht dieser mit der Höhe auf Südwest und gewinnt an Geschwindigkeit. Damit ist grundsätzlich mit der Entstehung von organisierten Gewitterzellen zu rechnen. Aufgrund der sehr trockenen Grundschicht ist grundsätzlich von hohen Wolkenbasen auszugehen. Die Prognose-Soundings von ECMWF & GFS platzieren das LCL am Samstagabend zu Beginn noch bei über 2km - später mit Annäherung der Front bei ca. 1,5km. In den Soundings ist eine ausgeprägte "inverted-V" Struktur zu erkennen.


    Der Nordwesten Deutschlands kann ggf am Vormittag noch durch ein Gewittersystem aus dem Nordosten Frankreichs beeinflusst werden, wodurch dort die Chancen auf spätere Gewitterentwicklung ersteinmal absinkt. Für uns / Thüringen ist allerdings die eventuell mit einem Coldpool einhergehende Entstehung einer Outflow Boundary interessant, die sich in die Mitte verlagert und dabei neue Gewitter auslösen kann.


    Am späteren Abend kommt dann noch der Impuls durch die herannahende Kaltfront dazu, die ggf auch ausreichende Kraft zu Ausbildung eines MCS geben kann. Neben einzelnen Superzellen liegt hier vor allem das Gefahrenpotenzial. Vor Gewitterlinien oder mit starken Einzelzellen können Böen bis in den Orkanbereich auftreten. Die Modelle sind sich hier auch ziemlich einig, grundsätzlich werden in gewitternähe im Thüringer Raum maximale Windböen um 110-130km/h gerechnet - wobei SHD aktuell mit punktuellen Spitzen bis 170 km/h den Vogel abschießt und wohl eher ein überspitzter Ausreißer sein dürfte.


    Dazu sind Starkregen und Hagel um 2-3-cm denkbar - die Gefahr von Überflutungen ist aufgrund der schnellen Zuggeschwindigkeit allerdings eingeschränkt.


    Der Schwerpunkt dürfte mE am (späten) Abend in der Landesmitte und im Südosten / Osten liegen. Umso weiter die Gewitter im Verlauf der Nacht nach Nordosten vorankommen, desto mehr sollten sie sich abschwächen. Der "Fokus" rutscht somit gewissermaßen am Abend von Thüringen weiter sudöstlich nach Bayern und ggf noch nach Sachsen.


    Quelle: Synoptische Kurzfrist DWD vom 14.07.2023 - 08UTC



    Updates folgen bei Bedarf

    Leider war gestern mal wieder mehr oder weniger nicht viel für Thüringen drin, wie auch schon von dem (an dem Tag sehr zuverlässigen) ID2 Modell berechnet. Es sollten zum Tageswechsel noch einige Gewitter auftauchen, sodass ich mit einem gewissen Starrsinn an 2-3 Aussichtspunkten in Erfurt abgewartet habe, bis etwas passiert.


    Die erste - über Hessen noch recht kräftige Zelle... https://kachelmannwetter.com/d…darhd/20230711-1900z.html

    ... zerplatzte nur wenig später und löste sich gegen 21:30 Uhr komplett auf.


    Bei Leubingen noch ein Blick auf die letzten Eisschirm-Reste nach Sonnenuntergang:



    Die ersten Gewitter in Thüringen begannen dann spät gegen 00:15 Uhr, was zumindest die bis hierhin eher ernüchternde Stimmung etwas hob.


    Radar + Stormtracking: https://kachelmannwetter.com/d…darhd/20230711-2215z.html


    Leider zerfiel das Gewitter dann um Gotha wieder die Kraft. Vermutlich spielte an diesem Punkt auch Absinken durch das große System über Süddeutschland eine Rolle, Es ist für mich im Detail recht schwierig zu erklären was hierfür der genaue Grund war.


    Ich wollte die Beobachtung schon fast beenden, als es 1:20 Uhr nochmal zu einem Aufleben der nächsten Zelle über Eisenach kam:

    https://kachelmannwetter.com/d…darhd/20230711-2320z.html


    ... die dann auch verstärkt Richtung Landesmitte zog:

    https://kachelmannwetter.com/d…darhd/20230711-2340z.html


    Ich konnte noch von Ermstedt aus einige Blitze einfangen und hatte noch auf eine schöne Blitzshow gehofft. Die Frequenz war wirklich nicht schlecht, es waren viele Erdblitze dabei - eine kleine Auswahl:






    ... leider kam dann gegen 2 Uhr ein starker Südwind auf - der Komplex über Süddeutschland schien so langsam sein Ende zu finden und trieb einen kräftigen Outflow nach Norden. Das ist auch schön auf den Sweeps zu erkennen (auf die feine Linie v.a. sichtbar zwischen Saalfeld und Plauen achten). Hier einfach mal für ca. eine Stunde bis 2:10 Uhr durchklicken:


    https://kachelmannwetter.com/d…5grad/20230711-2310z.html


    Damit war die Konvektion dann weitreichend am Ende, hier passten letztendlich dann auch die Berechnungen des ID2 nicht mehr zu der tatsächlichen Entwicklung über Hessen / Thüringen.


    Es bleibt zu hoffen das wir demnächst eventuell doch noch mal eine etwas schönere Lage oder wenigstens etwas Regen bekommen.


    VG, Felix

    Thread zur Gewitterlage am 11. Juli 2023


    Auszug DWD Kurzfrist vom 10.07.2023 18 UTC



    Updates folgen bei Bedarf

    Hallo Felix,


    war das eigentlich das erste (größere) Chasing mit dem eigenen Auto?

    Jep. War ja klar das es dabei direkt zur Hageltaufe kommen musste, aber ich war ja einigermaßen zügig wieder raus. ;) Ich konnte hier glücklicherweise auch direkt auf die ordentliche Fahrausbildung & frühere Erfahrungen im Starkregen als Beifahrer bauen.


    Ich war bzw bin mit dem Chasing generell recht zufrieden. Die Lage in Thüringen ging sich letztendlich, wie erwartet, nicht wirklich aus. Die Standortsuche bei Mellrichstadt war dann nicht so einfach. Obwohl wir dort ja schon mal vor ein paar Jahren waren, hat es eine Weile gedauert einen Punkt mit gutem rundum Blick zu finden.


    Wir finden demnächst sicherlich auch mal eine Gewitterlage wo du zur Abwechselung mal die Beifahrerrolle übernimmst. ;-)


    Ich muss von den letzten Chasings mal noch ein paar Punkte in der Karte nachtragen...



    VG, Felix

    Danke für den Kommentar & das Kompliment Peter!


    Ja, ich war wohl (bin es natürlich auch immer noch) definitiv zu sehr fasziniert von dieser für mich sehr eindrucksvollen, turbulenten "Ex"-Superzelle als sie durch "mein" Jagdrevier zog. Auch wenn sie jetzt im Nachhinein betrachtet deutlich schwächer hier im EIC ankam, als das sie im Kasseler Raum ihr Unwesen trieb. Sie hat für mich persönlich vor Ort trotzdem noch alles andere in den Schatten gestellt.


    Ich denke mal, du wirst die Zelle dennoch von uns allen womöglich im besten Moment erwischt haben. Gerade bevor es dann doch sehr linienartig wurde. Wir wären in der Zeit auch wohl gar nicht mehr sinnvoll in die Nähe von Aufwind & Wallcloud gekommen (+ Suche nach Beobachtungspunkt). Daher ist es immer ganz gut wenn eben nicht nur eine Gruppe unterwegs ist, sondern sich die Beobachtung auf viele Standorte verteilt. Im Nachhinein betrachtet haben wir das wohl unbewusst auch ganz gut geschafft. Irgendwie hatte an dem Tag dann doch jeder ein leicht anderes Target.

    In Discord waren ja auch schon ein paar Bilder vom Live-Eindruck drin. ;-) Von daher bin ich auf weitere Aufnahmen gespannt!


    Kleine Anmerkung: Estofex gibt keine Warnungen aus, sondern Vorhersagen in Bezug auf Unwetter ;)


    Danke... ich passe das mal noch an... ;-)

    Ich war heute trotz der eher eingeschränkten Lage unterwegs da ich den Nachmittag quasi frei hatte. Grundsätzlich kann man wohl sagen das die Entwicklung der Zellen irgendwo zwischen "erwartbar schwach" und "doch eigentlich ganz gut" lag. Da ich mit einem Kumpel unterwegs war, der bisher eher weniger Kontakt zum Wetter / Chasing hatte, musste ich größtenteils gleichzeitig fahren, bzgl Stellplätzen überlegen und hin & wieder ein Foto machen.

    Erdblitze gab es leider nur wenige, die ich dann natürlich auch verpasst habe. Insgesamt war es aber trotzdem (auch aufgrund des Essens beim Mexikaner danach :D) ein ganz guter Ausflug. Immerhin konnte ich noch einige recht nette Aussichtspunkt scouten, die jeweils einen sehr guten Ausblick in westliche Richtungen geboten haben.


    Erste Verstärkung der Entwicklungen über TH - östlich von Mörsdorf:



    Wurde über Zeit etwas besser, leider keine Blitze - die waren zu dem Zeitpunkt eher weiter nördlich zu finden.



    Bei Ronneburg bekam die Zelle noch etwas mehr Kraft & eine Böenwalze. Die Windböen waren zusammen mit der Zelle durchaus stark. Überall flogen Blätter und Staub über die Straßen. Außerdem hat der Wind vorlaufend immer einiges an Regen aus dem Niederschlagsbereich hinausbefördert.



    Wir haben das Gewitter etwas später nach Osten abziehen lassen. Zwar war die Entwicklung am Abend dann nicht schlecht, aber nochmal 100-150km zusätzlich hätten sich wohl trotzdem nicht gelohnt.


    Etwas später bildete sich noch ein zweites, kräftiges Gewitter etwas südwestlich von uns. Von Dänkritz aus dazu dieser schöne Amboss in der Ferne:



    ... und noch dieses etwas mittelmäßige Pano - aber sah kurzzeitig ganz nett aus.



    Die Zelle machte daraufhin natürlich auch die Biege - die "kalte" Luft war an dem Punkt aber auch längst angekommen.



    VG, Felix

    Gestern gab es gegen 23 Uhr endlich mal ein paar sichtbare NLC´s in unseren Breiten - auch wenn die Ausbreitung am Himmel eher spärlich war. Eventuell gibt es ja in den nächsten Wochen mal wieder ein etwas größeres Display. Entscheidend scheint wohl hauptsächlich der Wind in der Höhe zu sein, trotz der sehr starken Signale von OSWIN in der letzten Woche gab es dort ja absolut nichts zu sehen.



    VG, Felix

    Hallo zusammen,

    folgend ein Bericht zur Tour mit Markus & Marcel (W.) vom 22. Juni 2023.


    Über Westeuropa befand sich bereits seit Anfang der Woche ein Trog, der in der Höhe für Südwestströmung und damit für die Zufuhr feucht-heißer Luftmassen sorgte. Hitze und schwülwarme Verhältnisse waren also bereits mehr als ausreichend vorhanden. Was noch fehlte war ein kräftiger "Trigger", um die feucht-heiße Luft am Boden zu heben. Es passte daher nur allzu perfekt, dass sich am Mittwoch über Nacht ein Bodentief von Spanien aus auf den Weg über Frankreich hinweg bis nach Westdeutschland machte und dort am Donnerstag in der zweiten Tageshälfte eintraf.


    Aufgrund der Position von Trog und Bodentief war die Windscherung sehr gut zur Entwicklung einiger starker, organisierter Einzelzellen sowie ggf. Gewitterlinien geeignet. In Kombination mit der Warmfront des Bodentiefs, die sich am Nachmittag über der Mitte Deutschlands befinden sollte und den nötigen Hebungsantrieb lieferte, waren also alle Zutaten für eine explosive Gewitterentwicklung bereit. Estofex platzierte in der Vorhersage am Abend des 21.06. auch noch einen Level 3-Bereich direkt über Thüringen - das Drama war also vorbereitet.


    Sounding Meiningen vom 22.06. - 12z (14:00 lokal):

    IFEGLwur_9gF4BeARMvrF-TKzXfg_qtsilitR1sMW50pLTsYuCvEO-eXPCZkNAwqD0XYjbBXqEjl8I6dVXk1bCC6Qxzuq47Pr8vk_OQmvNnZJPSmfWzZ5n2r-HPquws5CO-ByIJtf-dNI_tCTuckgqs

    Quelle: https://weather.uwyo.edu/upperair/sounding.html


    Im Sounding recht gut zu erkennen, wenn auch nicht 100% passend für die Situation in Nordthüringen / Hessen, ist der durch das Bodentief ausgelöste Ostwind. Der Wind dreht dann mit der Höhe durch den Trog immer weiter auf Südwest. (Vor Ort war die Anströmung aus Ost bodennah besser, da Meiningen sich hier bereits hinter der Konvergenz befand.) Zu sehen sind ebenfalls ein Deckel ab ca. 850HPa, sowie darüber eine etwas feuchte Schicht. Deren Präsenz war bereits vor Auslöse der Gewitter gut durch etwas Wolkenbildung & Virga zu erkennen und war später u.U. ein Faktor der für einige Überraschungen sorgen sollte.


    Wir trafen uns gegen 15:00 Uhr am Parkplatz Haarberg und begannen von dort aus die Gewitterjagd.


    Für Marcel war es meines Wissens nach die erste wirklich große Tour und sicherlich ein interessanter Einblick mit dem Gewissen “Lust auf mehr”-Faktor. ;-)

    Zusätzlich war generell klar, dass Markus auch häufiger mit Antenne Thüringen im Gespräch stehen und sich nebenbei noch um Text-Updates kümmern würde. Wir mussten also gut vorplanen, halbwegs entspannt und zielgerichtet navigieren und nochmal in besonderer Form einen guten Lageüberblick für ggf. notwendige Warnungen behalten.


    Nach kurzem Treffen und Absprache mit Anton, der nur einige hundert Meter entfernt parkte, verlagerten wir uns gemeinsam vorerst nach Erfurt West.


    Blick bei Frienstedt Richtung TH Wald:




    Über Thüringen gab es bisher keine hochreichenden Quellungen, dafür aber starke Sonneneinstrahlung und zusammen mit der hohen Luftfeuchte schweißtreibende Verhältnisse. Gewitterentstehung ließ hier aber auf sich warten. Nach der Entwicklung der Zellen über NRW/Hessen stand dann für uns fest, dass wir zügig in den Nordwesten Thüringens verlagern müssen.



    Thüringer Plains ;-)



    Wie hier auf dem Radar zu erkennen ist, begann die südlichste Zelle der Linie in NRW, später über Hessen, auszuscheren:


    https://kachelmannwetter.com/d…hland/20230622-1320z.html


    Die Zelle traf im Verlauf mit voller Wucht auf Kassel, die Stadt bekam somit fast alle möglichen Begleiterscheinungen einer kräftigen Superzelle ab. Entsprechend war danach das Schadensbild vor Ort: https://www.hessenschau.de/pan…,unwetter-hessen-130.html


    Einmal am Standort bei Leinefelde angekommen, war die Situation aber bereits im Prozess der Veränderung. Es war über lange Zeit anzunehmen, dass die Zelle aufgrund ihrer guten Organisation und der bereits sichtbaren Zugrichtung quasi direkt nach Osten und damit in den Norden Thüringens ziehen würde. Damit hätten wir dann die erwartete Südharz-Zelle gehabt. Es sollte allerdings anders kommen.



    Die Zelle war zwar gut organisiert und hatte eine ausgeprägte Wallcloud (siehe Mitte, unten links), aber sie konnte sich einfach nicht von der nach Nordosten ziehenden Linie lösen. Es war für uns nicht klar zu bestimmen, ob es nun bei einer Outflow-dominanten Gewitterlinie oder doch einer Einzelzelle bleibt.



    Wir trafen hier spontan auf Marco, bevor für uns beide die erneute Verlagerung begann.


    Blick auf das südliche Ende der ersten Gewitterlinie (/ Superzelle):





    Das Gewitter zog nach einer Weile aus unserem Gebiet heraus und machte sich auf den Weg nördlich am Harz vorbei. Die Intensität blieb hoch, allerdings war sie für uns so erstmal nicht mehr sinnvoll erreichbar. Unter diesem Gedanken fuhren wir einer Neuentstehung bei Eisenach entgegen.


    https://kachelmannwetter.com/d…ingen/20230622-1555z.html


    Anstatt dass sich diese allerdings, wie eigentlich zu erwarten, als organisierte Zelle zur besten Luft in die Mitte Thüringens bewegte, ging das gute Stück schnurgerade nach Norden weg. Wir waren gerade nordwestlich von Mühlhausen angekommen, die Zelle war auch sichtbar gut aufgebaut, zog aber mit voller Geschwindigkeit in die "falsche" Richtung…


    Blick auf die aus Eisenach kommende Zelle (Richtung Westen) - Kontrast ist bereits stark erhöht, live war nur der Aufwindbereich zu erahnen:



    Irgendetwas, eventuell die feuchte Schicht in mittlerer Höhe oder ein Absinken über TH, sorgte dafür, dass einfach nichts in die Landesmitte ziehen wollte. Die einzig sinnvolle Option, die wir nach kurzer Zeit sahen, war dann doch noch die Verfolgung der “Nordharz-Zelle” bzw. Linie aufzunehmen. Es ging also zurück nach Norden, um schnellstmöglich auf die A38 zu kommen und Sangerhausen zu erreichen.


    Die Rückseite der Zellen nördlich von Thüringen von der A38 aus:




    Es war den Modellen nach anzunehmen, dass die Gewitter in diesem Bereich über Sachsen-Anhalt einen leichten Südost-Drift bekommen und sich zur guten Luft hin entwickeln würden. Über dem Norden Deutschlands stabilisierte Hochdruck die Lage, was auch mit der Abschwächung der Zellen in diese Richtung zu erkennen war. Es war aber etwas seltsam… Die Zellen waren eigentlich alle top organisiert, unsere "integrierte" Superzelle am Südende aber nicht dazu fähig ihre Zugrichtung dauerhaft zu verändern. Stattdessen gab es eher Neuentwicklungen am “Tail End Charlie”, aber keine schöne Einzelzelle. Obwohl wir nochmal auf Höhe der Linie landeten, wäre eine Verfolgung von hier aus eher schwierig gewesen und erschien uns auch nicht mehr wirklich sinnvoll.


    Wir legten deshalb in Sangerhausen eine Pause ein und hatten nun zwei Optionen:

    1. Wieder zurück nach Mühlhausen und die zweite Gewitterlinie abfangen, oder
    2. Nach Süd(ost) verlagern und auf die abend-/nächtlichen Entwicklungen aus Bayern (Franken ;-) ) warten

    Da man grundsätzlich nicht davon ausgeht, dass ein zweites Gewitter hinter den Vorherigen (bereits sehr starken Zellen) gute Bedingungen vorfindet, verlagerten wir also erstmal zurück nach Erfurt. Da heute aber alles etwas kurios war, zeigten später einige Bilder natürlich eine wunderbar ausgeprägte Shelf inkl Blitzen bei Mühlhausen…


    Egal, zum Zeitpunkt unserer Entscheidung war diese Entwicklung nicht unbedingt erwartbar. Vor uns baute sich auf der Anfahrt nach EF gerade eine schöne, nahezu grazile, organisierte Gewitterzelle auf.


    Wir standen also erstmal wieder am Haarberg und beobachteten die Entwicklung im Raum Arnstadt / Ilmenau.




    Die Zelle sorgte trotz der recht kleinen Ausmaße für etwas Starkregen und Hagel östlich von Arnstadt.


    Hagel der Zelle in der Nähe von Arnstadt (Bild von der Familie) ;):



    Die Hoffnung, dass sich das Gewitter eventuell etablieren könnte, verschwand bald wieder, da sich das kleine Ding nach Verlassen des Thüringer Walds direkt wieder komplett auflöste.


    Nun gut… also doch noch die Weiterfahrt nach Ost. Es ging nach Gera, wo wir direkt hinter einer nordöstlich ziehenden Kette aus Gewittern bei Wernsdorf weiter beobachten konnten. Hier lagen einige kleinere Aststücke und Zweige auf der Straße, der Ort wurde wohl gegen 21 Uhr etwas stärker getroffen.


    https://kachelmannwetter.com/d…ingen/20230622-1945z.html


    Es war toll. Denn selten kommt man in den Genuss das Gewitter, wie an der Perlenschnur aufgefädelt, vor einem vorbeiziehen und man dabei komplett trocken zuschauen und die Blitze sowie Donner genießen kann.


    Die Zellen schmissen durchaus ein paar kräftige Erdblitze, insgesamt war aber auch schon viel in den Wolken oder leicht entlang der Wolkenuntergrenze.




    (Das letzte Bild ist ein Komposit aus 2 verschiedenen Aufnahmen)


    Wir kamen nach einiger Zeit langsam in den Regen einiger Neuentwicklungen westlich von Gera, fuhren also in Richtung Naumburg. Die südlich von uns positionierte Zelle war an sich ziemlich kräftig. Sie konnte sich allerdings in dieser Umgebung auch nicht mehr der Verclusterung erwehren.


    https://kachelmannwetter.com/d…darhd/20230622-2045z.html


    Wir beobachteten noch einmal das Lichtspektakel bei Schmerdorf und beendeten danach die Jagd.


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    Insgesamt war es diesmal eine echte Aufgabe, ein sinnvolles Verständnis für die Lageentwicklung “im Feld” zu bekommen. Zu einem Teil waren die Gewitter exakt so platziert und der Ablauf ähnlich wie vorher besprochen und in Modellen dargestellt. Andererseits passierte gerade im Hotspot-Gebiet über der Mitte Thüringens bis zum Abend nur sehr wenig und selbst dann waren die Entwicklungen nur sehr verhalten und kurzlebig. Gegebenenfalls lassen sich die Gründe hierfür noch in einer Nachbesprechung ermitteln und an dieser Stelle später ergänzen.


    Danke für's Lesen, ich hoffe ihr konntet das Chasing und unsere Eindrücke der Lage ein bisschen miterleben. ;-)


    Fahrtstrecke - nicht 100% exakt - ca. 520km in etwa 10h waren es:




    Viele Grüße,

    Felix

    Mal noch ein kleines Update zum Abend:

    Wie gestern schon erkannt, hat sich die Aktivität aufgrund fehlenden Hebungsantriebs am heutigen Montag eher in Grenzen gehalten, ein paar Schauer / Gewitter gab es in der Landesmitte und am Nachmittag/Abend noch ein kleines Gewitter das sich von der Mitte nach Nordost verlagert hat.

    Für Dienstagmorgen wird aktuell sehr einheitlich, über viele der bekannten Modelle hinweg, ein recht kräftiger Durchzug der Warmfront berechnet. Es sind überall Gewittersignale dabei und die Linie sollte Südthüringen wohl ca. gegen 5 Uhr erreichen und dann nordostwärts ziehen.


    Die zweite Linie die dann mit der Kaltfront in der Nacht zum Mittwoch kommt, wird in ihrer Ausbreitung noch unterschiedlich dargestellt. Teilweise fehlt sie komplett, manche Modelle zeigen auch nur ein paar Einzelzellen über Thüringen und legen einen größeren Fokus auf Niedersachsen und Bayern.


    Donnerstag wird bisher aller Voraussicht nach der brisanteste Tag, eventuell könnten sich hier hohe CAPE Werte, starke Scherung und ein guter Hebungsantrieb vereinen und entsprechend für Schwergewitter sorgen. Die genaue Entwicklung bleibt aber abzuwarten.

    Kurzes Update & Zusammenfassung - Sonntag 18.06.


    Details aus der Lagebesprechung von Christoph Geissler:


    Eine genaue Bewertung der Lage ist aufgrund der vielen kleinen Variablen aktuell noch schwierig, es folgt ein grober Umriss für die nächsten Tage.


    Wir befinden uns zwischen einem Trog, der sich aktuell nordwestlich bzw über den britischen Inseln befindet und restlichem Hochdruckeinfluss aus Süden. Somit entsteht in den nächsten Tagen eine recht klassische SW-Strömung, die feucht-warme Luftmassen nach Deutschland trägt und für hochsommerliche Temperaturen sorgt. In Frankreich werden heute bereits die ersten (mitunter schweren) Gewitter erwartet. Für uns wird die Lage vermutlich frühestens ab Montagmorgen, aber wohl eher ab Dienstag relevant.


    Höhenwetterkarte GFS für MO-DO:



    Bodenwetterkarte DWD für Montag 12z:


    ausgewähltes Produkt zur Leistung: Analyse- und Prognosekarten Europa


    MONTAG


    Wird für Thüringen vermutlich eher weniger relevant. Die Passage der Warmfront sollte eher unspektakulär ablaufen. Konvektion wird im allgemeinen auch noch durch einen aus Norden hineingreifenden Höhenkeil gebremst und die Luftmasse somit gedeckelt. Eventuell ist im Tagesverlauf mit einigen Gewittern im Bergland (TH Wald / Harz) zu rechnen.


    DIENSTAG


    Der eben erwähnte Höhenkeil zieht in der Nacht zum Dienstag nach Osten ab und macht somit den Weg für etwas mehr Konvektion frei. Der Abzug der nächsten Warmfront am Morgen wird ein recht interessanter Faktor, da entscheidend für die spätere Sonneneinstrahlung. Die Modelle simulieren aktuell aber recht einheitlich eine recht starke Erwärmung ab den Mittagsstunden auf bis zu 30-32°C am Nachmittag. (Taupunkte um 16-18°C - tendenziell nach Norden höher)


    Interessant könnte es werden, sollten vom Timing her passend im Westen nochmal einige Gewitter auslösen und Deutschland am Nachmittag erreichen. Da sich über uns teils gute Scherungswerte und ein sattes CAPE-Profil (am Abend um 600-1200 J/kg; in Niedersachsen / Bayern teils noch etwas mehr) vereinen, bietet sich eine sehr gute Grundlage zur Entwicklung teils schwerer Gewitter. Zum jetzigen Zeitpunkt simulieren einige Modelle auch die Entwicklung einer Gewitterfront, deren Position bisher aber nicht klar zu bestimmen ist. (SHD Bayern / EZ4 Niedersachsen, Thüringen & Südbayern) Teilweise werden einige kräftige Gewitter auch kurz nach der Warmfront aus Hessen / dem Harz berechnet, die sich dann über Niedersachsen, Sachsen Anhalt und Brandenburg bewegen.


    MITTWOCH / DONNERSTAG


    Könnte dann das Heranrücken des Troges nochmal für eine steilere Strömung nach Deutschland und im Verlauf kräftige Gewitter sorgen. Das dürfte dann die zweite, interessante Phase der Woche werden. Aktuell ist allerdings natürlich noch eher schwer zu bewerten, wie die Entwicklung konkret aussehen wird.


    ...zum Freitag hin ist eher mit einer Wetterberuhigung zu rechnen


    GEFAHREN:


    Bestehen hauptsächlich in Starkregen sowie Hagel bei stärkeren Gewitterzellen. Die Zuggeschwindigkeit ist allerdings nicht so gering wie bei den vorherigen Lagen und starke Überflutungen durch stationäre Zellen / retrograde Entwicklung damit eher weniger ein Thema. Besonders zu den oben erwähnten stärkeren Phasen kann es ggf auch zur Entwicklung einiger organisierter Gewitter kommen - hier wäre dann auch Hagel um 3-4cm eine Möglichkeit. Im Bereich von Gewittern und insbesondere (sollten sie entstehen) Gewitterlinien ist auch mit Sturmböen zu rechnen.



    Wer Zeit & Interesse hat - wir werden uns am Montagabend nochmal auf Discord zusammensetzen und ggf. ein kurzes Update der Lage machen.