- Offizieller Beitrag
Am gestrigen Samstag (13.06.20) verfolgten Markus & Ich diverse Gewitter quer durch Mittel-/Westthüringen, dabei boten sich neben interessanten Strukturen vor allem extreme Regenmengen und eine Vielzahl an kräftigen Blitzen.
Da es bereits eine sehr ausführliche Beschreibung der Lage im Live-Forum gibt, erspare ich mir an der Stelle die Arbeit und verweise mal auf die entsprechenden Beiträge: RE: 2020-06-12/13/14 GEWITTER/STARKREGEN (UNWETTERGEFAHR)
In der Vorbesprechung am Freitagabend stellten sich bereits 2 Chasingoptionen heraus. Dabei stand entweder eine Linie, die aus Sachsen/Sachsen-Anhalt kommend über Thüringen ziehen sollte, oder die Entwicklung einiger Gewitterzellen in West/Mittelthüringen mit konstant modelliertem back-building Effekt im Fokus. Im Tagesverlauf bestand anfänglich etwas Skepsis, da die Lage (in Thüringen) bis zum späten Nachmittag noch nicht wirklich an Fahrt aufnehmen wollte. Das Warten sollte sich jedoch (quasi wie geplant) auszahlen und gegen 19 Uhr starteten wir nahe Arnstadt, es bildeten sich neben einigen bereits recht ausgeprägten Zellen im Raum Eisenach & Jena passender Weise gerade frische Gewitter südöstlich von Arnstadt, auf die wir direkt einen ausgezeichneten Blick hatten.
Erster Anlaufpunkt war dann Erfurt Bindersleben, hier verfolgten wir den Aufbau dieser Zelle sehr genau. Vorerst war nur ein grober Niederschlagsbereich auszumachen. Nach einer Weile sorgte dann aber vermutlich starker Outflow der Gewitterzellen die sich noch östlich von Erfurt befanden, durch die Heranführung warmer Luftmassen für eine Verstärkung der *noch* recht isolierten Zelle.
In unserem Rücken bereits die ersten Anzeichen des anbauenden Clusters aus Osten.
Im zeitweise ausgeprägten Staub / Pollensturm versuchten wir, mehr oder weniger im schützenden Windschatten des Autos, auch die ersten kräftigen Erdblitze einzufangen. Die stärkste an diesem Standort von uns gemessene Windböe erreichte 40,3 km/h.
Vor allem die massive Gräserpollen-Belastung sollte uns ab jetzt bis zum Ende des Chasings noch etwas beeinträchtigen…
Nichts desto trotz ging es gegen 20:30 erstmal weiter, wir wollten gerne noch etwas näher an die Front des Gewitters kommen. Im ersten Starkregen des Abends ging es über A71 & A4 Richtung Gotha.
An der Abfahrt Waltershausen standen wir zwar wieder vor der Zelle, aber bereits am südlichsten Teil des Gewitterkomplexes um Eisenach. Radar HD+, Regenradar vom 13.06.2020, 20:50 Uhr - Thüringen | Wetter von kachelmann.
Unsere Zelle, jetzt bereits durch die Annäherung an den westlichen Cluster und einige Neuentwicklungen aus struktureller Sicht merklich abgeschwächt, betrachteten wir nur noch kurz aus dem Auto.
Nachdem der erste Teil der Jagd im restlichen Tageslicht hiermit quasi beendet war, entschieden wir uns die Rückseite der Gewitter über Mühlhausen anzusteuern. Hierbei machte uns aber die schnell voranschreitende Verbindung der Cluster über der Mitte und im Westen zu schaffen. Dazu gab es in der noch vorhandenen Lücke diverse Neubildungen. Wir kamen zwar hin und wieder noch in relativ niederschlagsfreie Bereiche, an Aussteigen war an diesem Punkt aber auch aufgrund fehlender Aussichtspunkte nicht mehr zu denken.
Durch den weiterhin zunehmenden Starkregen suchten wir uns etwa zwischen Mühlhausen & Schlotheim einen Stellplatz und genossen die Show. Ein Erdblitz nach dem anderen schlug um uns herum ein, währenddessen der Regen durchgehend auf das Land preschte.
Nach einer Weile begaben wir uns dann auf die ausgedehnte Rückfahrt, vorerst etwa Richtung Aschara, ein weiterer Versuch an die Rückseite des Clusters zu kommen.
Was erst noch nach einer Gelegenheit aussah... Radar HD+, Regenradar vom 13.06.2020, 22:15 Uhr - Gotha | Wetter von kachelmann.
... hatte sich 15 Minuten später bereits auch wieder von selbst erledigt. Radar HD+, Regenradar vom 13.06.2020, 22:30 Uhr - Gotha | Wetter von kachelmann.
Da hier einfach kein Entkommen aus dem Niederschlag zu finden war, ging es zu einem letzten Versuch Richtung Waltersleben - A4 Abf. Erfurt West. Hier hatten wir endlich den gewünschten Blick auf die Rückseite der weiterhin stetig anbauenden Linie über Arnstadt/Thörey/Bindersleben… und endlich mal frische Luft!
Eine tolle Atmosphäre!
Es war bereits ca. 23:30 Uhr und die Linie zog langsam etwas weiter Richtung Westen, wir platzierten uns nochmal kurz bei Neudietendorf. Da die Blitzaktivität aber mittlerweile zu stark abgenommen hatte, beschlossen wir ab hier die Gewitter ziehen zu lassen. Eine durchaus sehr eindrucksvolle aber auch anstrengende Gewitterjagd fand somit ihr Ende.
Fazit:
Von der anfänglichen Einschätzung über die Woche und der genaueren Analyse am Freitagabend war es schon ein ziemliches Auf & Ab, eine akzeptable Einschätzung war eigentlich erst in der Kurzfirst möglich. Letztendlich hatte Cosmo (Rapid HD) spätestens gegen Samstagmittag eine recht akzeptable Darstellung der Lage zusammengestellt. Vor allem der Cluster über den nordwestlichen Teilen Thüringens passte recht gut in das vom Cosmo errechnete Vorhersage-Radarbild.
Viel geht dann nur noch über Nowcast und mögliche Auslöser wie bspw. Konvergenzen, Outflow-Boundaries oder orographische Einflüsse müssen beachtet werden. Sehr schön war das beispielsweise auch an dem von Markus bereits geteilten Radar-Sweep ab ca. 16 Uhr in Sachsen-Anhalt zu sehen: Radar-Sweeps vom 13.06.2020, 15:55 Uhr - Ummendorf | Wetter von kachelmann.
Letztendlich sei noch gesagt das vor allem bei Situationen mit konstanter, retrograder Entwicklung der Gewitterzellen ein regelmäßiger Check des Radarbilds während des Chasings ebenfalls unerlässlich ist. Zu den bestehenden Zellen kommen meist noch diverse kleinere Zellen die durch Outflow ausgelöst werden und eine richtige Positionierung sehr schnell schwierig machen können.
Viele Grüße, Felix