31.05.2011 / Super Zelle / Leipzig, Borna und Co.

  • Tach zusammen,


    der 31. Mai 2011 war für viele von uns doch ein bemerkenswerter Tag. Wer einmal etwas im Archiv blättert, findet Berichte von Ronny, Markus, Maurice, Ric und Kay, wobei insbesondere Markus uns mit seinem Vehikel zeitweise gefährlich nahe kam.


    An jenem Tag hatten wir es mit einer ausgeprägten Süd- bis Südwestlage zu tun. Soweit ich es noch in Erinnerung habe, war die Scherung gut ausgeprägt und die CAPE enorm. Am Vormittag blieb der Himmel über Leipzig noch leicht bewölkt, die Luft erwärmte sich auf stolze 30°C.


    Schon sehr früh am Tage (Student sei Dank!) holte ich Martin ab, in sämtlichen Himmelsrichtungen schossen Quellungen in die Höhe und es dauerte wahrlich nicht lange, bis sich einer dieser Cumuli zum Cumulonimbus ausformte. Unsere Fahrt führte uns zwar zunächst aus Leipzig raus, jedoch nicht weit genug von Leipzig weg, damit Martin einen entspannteren Gesichtsausdruck bekam. Wir parkten nur knapp südöstlich vom Kraftwerk Lippendorf und erblickten sowohl im Westen als auch im Norden sehr dunkle Basen, hinter denen zahlreiche Fallstreifen unsere Augen entzückten. Im Nordwesten blieb zunächst noch eine kleine Lücke bestehen, die sich später aber schloss:



    Im Süden und Südwesten schossen dagegen immer weitere Quellungen in die Höhe:



    Trotz des enorm dichten Eisschirms entwickelten sich vor unserem eigentlichen Zellkomplex kleine Türmchen. Interessant an dem folgenden Bild sollte auch ein weiteres Detail sein. Noch sehr unscheinbar und leider auch nicht besonders gut zu erkennen, sieht man in der linken Hälfte des Bildes einen kleinen Wolkenfetzen unterhalb der eigentlichen Basis:



    Weitere Fetzen nährten nur wenige Minuten später folgendes Gebilde direkt im Westen von uns:



    Zwar konnte ich mit bloßem Auge keine Ro... Rot... atio... äh also Verwirbelung feststellen, doch die Wölkchen nördlich der Wa... Wal... zogen eindeutig darauf zu.


    Wie bereits angedeutet: Jeder möge sich sein eigenes Urteil bilden, um was es sich hierbei handeln könnte, Martin und Maurice können sicher auch noch etwas zu den meteorologischen Besonderheiten der auf uns zu ziehenden Zelle berichten.


    Das Wolkengeschöpf bewegte sich weiter von Westen aus auf uns zu und veränderte leicht seine Form:






    Währenddessen wandelte sich der Donner in ein Dauergrollen, die Blitzrate muss enorm gewesen sein, jedoch versteckte sich ein Großteil der elektrischen Entladungen im Gewölk, anhand des Flackerns konnte man aber ungefähr erahnen, woher denn das Dauergrollen kommen mag. Langsam umkreiste uns das System, Erdblitze wagten sich sowohl von Westen als auch von Norden immer näher an uns heran, was uns schließlich dazu veranlasste uns ins Auto zurückzuziehen. Martin möge den Rest der Entwicklung der Tellerwolke bitte nachreichen.


    Ein Abschlussfoto der zahlreichen Cu med und Cu con nach Südosten hin gelang mir noch:



    Doch dann setzten wir auch schon unseren Weg nach Osten fort um dem Niederschlagskern so schnell wie möglich zu entfliehen. Wir fuhren wohl die A38, A14 bis zur Abfahrt Leisnig, so dokumentiert es zumindest das Video, was ich euch nun präsentieren möchte. Es wartete bereits die nächste Überraschung auf uns...


    Ich bitte um Nachsicht, da dies mein allererstes Rendezvous mit Google-Dienstleistungen ist. Den Dialog bei 1:12 - 2:06 habe ich auf Wunsch von Martin im Video belassen:


    [video]

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    [/video]


    Die Szene am Schluss entstand übrigens später am Abend und wurde an einer stark befahrenen Straße südlich von Dresden aufgenommen. Pferde haben da eigentlich nichts verloren...


    Nach Abzug unseres Hagelgewitters, das zwischenzeitlich sogar mein Auto etwas geängstigt hatte (ich konnte es aber wieder beruhigen), wurden uns noch einmal die Ausmaße des gewaltigen Eisschirmes des Gewittersystems bewusst. Der dicke Cirrusschirm, leichte Mammatusansätze, die Kontraste und die trotz der deutlich abgekühlten Luftmasse emporschießenden Quellungen formten eine surreale Kulisse, die deutlich machte, das über uns gewaltige Wassermassen hinwegschwebten.





    Welche Wassermassen bereits heruntergefallen waren, wurde uns in mehreren kleinen Ortschaften klar, die wir einfach mal in der Nähe ansteuerten, weil wir schon so etwas vermuteten, was Martin auch bildlich festgehalten hat.


    Der Tag war lang und wir nutzen die Zeit des "Aftermath" um noch einmal unsere Chasingpoints vom 26.5. zu erkunden, womit sich der Kreis schließt und wir wieder bei der Szene am Ende des Videos wären.


    - - -


    Komischerweise kann ich mich danach an nichts mehr erinnern, ich weiß nur noch, dass wir in der Nacht noch weiter östlich standen und Martin mit Regenjacke versucht hat Blitzbilder zu schießen, während ich schlechtgelaunt im Auto saß.


    Nun denn, hier gibts gerade herrlichen Nebel mit Rauheis bei < -15°C. Wenn ich jetzt ins Bett gehe, könnte es sein, dass ihr den Bericht morgen bereits lesen könnt. (<-- Offensichtlich hat auch das Veröffentlichen ein bisschen gedauert.)


    MfG Chris

    - wetterinteressiert und unwetterbegeistert seit Beginn der 2000er Jahre
    - TSC-Mitglied seit 2007
    - aktiver Chaser seit 2010

    - als Spotter "zur Ruhe gesetzt" seit 2018

    Einmal editiert, zuletzt von Chris () aus folgendem Grund: Hinweise für Martins Ergänzungen

  • Ein super Zellenbericht, lieber Chris! Der Tag ist mir noch gut in Erinnerung...


    Was diese Wolkensonderform angeht, möchte ich mich nicht festlegen wollen. Ein Zeitraffer bringt da die meiste Aufklärung, falls während der Beobachtungzeit der Camcorder lief!?


    Mit dem Video passt übrigens alles, möchte ich meinen.


    :winken

    1. Vorsitzender Thüringer Storm Chaser e.V.
    ESSL Voluntary Observer Person (Qualitätslevel QC1) (European Severe Storms Laboratory)
    Weitere Mitgliedschaften: Member of AMS Weatherband · Arbeitskreis Meteore e.V.

  • Das schaut sehr sehr gut aus! Toller Bericht. In jedem Fall ähnelt das Gebilde hiesigen W***clouds :P
    Die Bilder verraten jedoch noch nicht, ob es dreht oder einfach nur "aufzieht". Wie Markus schon sagt, ein Video/Timelaps wäre super.


    Ich habe noch Bilder vom 10. Juli 2011, bei denen ich den Verdacht einer Superzelle äußern würde. Gibt es hierzu schon näheres? Das war übrigens die Zelle mitsamt Funnel vor Jena.
    Bildmaterial folgt.


    Lg Marco