Nachdem es zwei Tage nach dem epochalen 31.Mai erstmal ruhig war, ergab sich am 3.Juni eine erneute Chance auf Aktivität. Die Feuchte ist bodennah zurück gewesen, allerdings fehlte es an einem vernünftigen bodennahen Forcing. Stattdessen war das Midlevel-Forcing durch Druckfall und somit Hebung recht stark. Elevated Convection zur Mittagszeit war die Folge. Das Ganze passierte in den High Plains über Ost-Colorado. Im Laufe des Nachmittags würden die Zellen Richtung West-Kansas ziehen und sich unter glücklichen Umständen bis nach unten in die Grundschüicht vorarbeiten. Dort würden sie auch die nötige Scherung durch den sehr starken Low-Level-Südwind bekommen.
Obwohl ich aufgrund des wüstenhaften Gesamteindrucks in West-Kansas (nähe Liberal) beim besten Willen nicht damit gerechnet hatte, arbeiteten sich die vorhandenen Zellen tatsächlich in die Grundschicht vor. Nach einiger Wartezeit sahen wir uns einer netten Meso gegenüber, an die nun ein wenig rangefahren werden konnte. Das nenne ich mal eine pos. Überraschung:
Genau genommen waren zwei Aufwindtürme vorhanden. Der erste zeigte ein paar Wallcloud-Ansätze, bevor er vom Niederschlag der nachfolgenden westlicheren Zelle zusehends schwächer wurde:
Umso besser entwickelte sich die neue Meso, welche sichtbar rotierte und eine respektable Wallcoud erzeugte:
Allerdings blieb auch diese Zelle nicht ungestört, denn im Südwesten baute erneut eine Zelle an, sodass wir vor deren Niederschlag flüchten mussten. Starkregen mitten in der Wüste war für mich dabei durchaus ein bemerkenswerter Vorgang. Wir versuchten vor der Zelle zu bleiben, die in diesem Stadium immer noch gesund aussah:
Es galt nun allerdings aufgrund des überschaubaren Straßennetzes eine Richtungsentscheidung zu treffen. Dranbleiben (nach dem Motto, lieber den Spatz in der Hand, als die Taube auf dem Dach) oder auf Zerfall spekulieren und Gutwillen der südlichen Entwicklung hoffen. Diesmal haben meine Mitfahrer kurzerhand entschieden, obwohl mir der Abschied von "unserem" Aufwind nicht leicht fiel.
Nach ca. 15 Meilen kamen wir am Südende der Linie an und sahen eigentlich noch nichts wirklich spektakuläres. Einen Aufwindbereich konnte man ausmachen, aber er war noch sehr linienförmig und definitiv stark elevated. Es dauerte mind. 20 Minuten, bis ich aufgrund gewisser Uninspiriertheit letztlich doch das Fotoequipment wieder ausgepackt habe. Nach weiteren 10 Minuten ergaben sich dann die ersten zeigenswerten Ergebnisse:
Während bis dahin nur das stetige Einsaugen des Rauchs des südlich der Zelle befindlichen Feuers (wahrscheinlich Brand durch Blitzschlag) in den Aufwindbereich von Interesse war, wurde es spätestens mit der Präsenz der Wallcloud auch strukturell spannender. Wir nutzten die Zeit um uns noch einmal ein wenig zu verlagern und positionierten uns dann für die nächsten 30 Minuten in der Zugbahn der Zelle. Ich hätte einiges erwartet, aber was sich nun langsam vor uns entwickelte, war einfach unglaublich:
Ein perfekter Mesoteller. Wie aus dem Bilderbuch. Sauber getrennt vom Abwind und ohne jedes Anzeichen der Schwächelns. Ganz im Gegenteil. Das Teil wurde saugte nun immer heftiger an und entwickelte sich zu einem phantastischen High-Plains-Mutterschiff. Es stand dabei mehrfach kurz vorm "Schmeißen", was uns allerdings ziemlich egal war. Die folgenden drei Bilder sind während des besten Stadiums nach kurzer Repositionierung entstanden:
Danach ging es etwas schneller mit uns und der Zelle voran, sodass wir erst ein paar Minuten später wieder in günstiger Fotoposition waren. Garniert mit einem kitschigen Eingangsschild, konnten ein paar Eindrücke für die Ewigkeit festgehalten werden:
Den Abschluss bildete ein Blitz-Shooting, welches sogar mit meiner Cam ein einzelnes gutes Bild ergab:
Das nächste Mal vielleicht mit nem Lightning-Trigger arbeiten. Soll ganz gut funktionieren, wie uns aus erfahrener Quelle berichtet wurde ;-): www.westwind.ch
Obwohl wir die meiste Zeit fast allein vor der Zelle herfuhren, gab es auch ein paar andere Glückspilze, die an gleicher Stelle dem Spektakel beiwohnten. Ein recht sehenswertes Video hat Aqua42 im anderen Thread bereits verlinkt: www.storm-chasing.de
Was für ein Tag. Was wir nicht wussten, es sollte unser letzter Chase sein. Der folgende Tag fiel aufgrund fehlenden Forcings komplett ins Wasser. Eine willkommene Erinnerung daran, wie frustrierend so eine Chasingsaison auch verlaufen kann. Wir sind sicher, dass uns das in einem der kommenden Jahre genauso wiederfahren wird. 2013 hat einfach alles gepasst. Während unserer Zeit in den Plains sind bspw. in OKC 420mm Regen gefallen. Normal sind im Mai und Juni zusammen nur ca. 240mm. Dazu gab es 4x Tornadoalarm, mit schweren Schäden und hohen Opferzahlen an 2 Tagen. Mehr als ein Indiz für das abgepasste Timing. Seit unserer Abreise vor einer Woche ist in den zentralen Plains nichts mehr passiert. Bis zum nächsten Mal in den Plains ... vermutlich 2015 ...