22.07.2015 | um Leipzig | Superzelle mit Mesozyklone und Funnel + nächtliche Konvergenz

  • Hallo zusammen,


    zwar fehlen mir aktuell sowohl Lust, als auch Zeit, längere Berichte zu schreiben, dennoch möchte ich das Thema der Berichte für dieses Jahr langsam, aber sicher abschließen. Den Großteil meiner Energie habe ich ja bereits in die Analyse des 7.7. gesteckt. Daher sollen zu den anderen erfolgreichen Superzellenchasings ein paar bebilderte Worte reichen. Eine Gesamtauswertung werde ich dann sicher noch einmal in meinem Jahresendbericht durchführen. Beeindruckend am 22.07. waren vor allem die Helizität und beachtliche Low Level Shear, gepaart mit mäßiger bis guter Labilität, welche für die Entstehung einer Bilderbuch-Superzelle über Leipzig sorgen sollte. Angesichts der Werte waren theoretisch auch Tornados denkbar. Lediglich die Auslösebedingungen blieben etwas fraglich. Dass es am Ende doch geklappt hat, hatten wir einem Bodentief über Franken zu verdanken, welches sich durch Coldpoolbildung zusätzlich verstärken und nach Norden verlagern konnte. Dadurch schossen später auf großer Fläche Multizellencluster und einige Superzellen hoch.


    Eine dieser Superzellen bildete sich ausgerechnet vor Leipzig und zog dann über die Stadt hinweg. Maurice konnte das von seiner Wohnung aus eindrucksvoll festhalten:


    22.07.2015 / Leipzig / Bildung einer Superzelle und Überschwemmungen


    Zur Entstehung der Wolkenformationen hatte ich bereits einiges darunter vermerkt, nun soll es um die Fortentwicklung der Superzelle gehen.


    Nach meinem abgebrochenen Abendmahl verlagerte ich mich kurzerhand südlich aus der Stadt heraus, um mir das Prachtexemplar freien Blickes anschauen zu können. Dabei zog die Mesozyklone ziemlich genau über Markkleeberg und ich stand auch nur unwesentlich davon entfernt. Fast noch mehr beeindruckte mich aber erneut der Clear Slot, der sich dank der Helizität dermaßen eng einwickelte, dass es mir die Sprache verschlug. Dahinter sieht man den bei der Entstehung abgespaltenen Leftmoveranteil:



    Doch die Mesozyklone war nicht minder spektakulär:




    Anschließend versuchte ich mich aus dem Clear Slot Bereich wieder nach Osten zu verlagern, was mir gelang. Die folgenden Bilder waren dann leider etwas unscharf geworden. Die kleine Vorticitynudel (Funnel) möchte ich euch aber nicht vorenthalten, zumal sie am nördlichen Ende des RFDs an genau der Stelle platziert war, wo sie hätte sein müssen, dass eventuell Größeres daraus würde:



    Die laminaren Strukturen zeugten allerdings von einem etwas entkoppelten, in der Grundschicht schon stabileren Charakter, was auch das Ausbleiben einer echten Wallcloud erklärt. Die abendlichen Kontraste und die extrem dunkle Unterseite der Basis waren aber nicht minder spektakulär anzuschauen.



    Spannend zu beobachten war dann, wie der Clear Slot ein nahezu perfekt rundes Loch in die Basis direkt über mir schnitt. Gleichzeitig setzten kräftige, aber warme Windböen und leichter Nieselregen ein. Ich hätte nie erwartet, einmal direkt unter dem fast trockenen RFD stehen zu können und die dabei in der Theorie verstandenen Prozesse so hautnah miterleben zu können. Sich auflösende Wolkenfetzen neben majestätischen Quellungen paarten sich direkt über mir, der Himmel im Clear Slot zeigte seine blaue Farbe.



    Fotografisch sicher kein Meisterwerk, hier fehlte mir einfach das passende Weitwinkelobjektiv, dennoch eine beeindruckende Szenerie, wie ein Vogelschwarm darunter kreiste:



    Mit zunehmender Entfernung ließen sich die Rundungen dann wieder etwas besser fotografieren. Links FFD, rechts Basis und direkt vor/über mir der RFD.



    Das weitere Verfolgen der Zelle blieb mir dann aufgrund des Unfalls eines Sattelschlepper am Dreieck Parthenaue verwehrt. So fuhr ich genau in die andere Richtung, gen Magdeburg, um dem Stau zu entkommen, platzierte mich aber kurz noch bei Kleinpößna, um mir das sekündliche Blitzfeuerwerk anzuschauen, dass die Zelle inzwischen produzierte. Mit den auf der Autobahn herbeieilenden Rettungsfahrzeugen eine ziemlich surreale Szenerie.


    Der Abend war dabei noch nicht zu Ende. Die Konvergenz kam nun langsam nach Norden voran und löste auf breiter Fläche Multizellencluster aus. An meinem Standort bei Großkugel fotografierte ich fleißig Böenfront und Wolkenfetzen, sichtbare Blitze waren aber höchst selten.






    In Verbindung mit dem Superzellenerlebnis wurde es insgesamt ein glückliches, gelungenes Chasing. Zum Abschluss durfte auch ein nächtliches Planespotting in der Nähe des Flughafens nicht fehlen, gepaart mit immer noch aktiven Gewitterzellen, überall um mich rum. Vor lauter Freude rief ich sogar Markus an, der mich schließlich wieder beruhigen konnte.

    - wetterinteressiert und unwetterbegeistert seit Beginn der 2000er Jahre
    - TSC-Mitglied seit 2007
    - aktiver Chaser seit 2010

    - als Spotter "zur Ruhe gesetzt" seit 2018

    Einmal editiert, zuletzt von Chris ()