06.07./07.07.2017 Gewitterthread

  • Neues Gewitterpotential am Donnerstag/Freitag von Westen her! Eine Luftmassengrenze trennt den Nordteil Deutschlands von kühlerer Luft zu warmer Luft im Süden. Am Donnerstag/Nacht zum Freitag greift ein kleines (Hitze)Tief von Frankreich her über und zieht nordostwärts. In der Höhe sorgt ein Kurzwellentrog für weitere Hebung. Simulierte Hebung, Scherung und Feuchtlabilität sprechen für gut organisierte Gewitterkomplexe, die vom Westen Deutschlands in der Nacht zum Freitag auch auf Thüringen übergreifen können. Am Freitag selbst bleibt das Gewitterpotential bestehen, ist aber abhängig von der tatsächlichen Entwicklung in der Nacht und dem möglichen Cluster am Morgen, der die Lage entscheidend beeinflussen kann. Es erfolgt daher ein Update bei weiterem Bedarf.

    1. Vorsitzender Thüringer Storm Chaser e.V.
    ESSL Voluntary Observer Person (Qualitätslevel QC1) (European Severe Storms Laboratory)
    Weitere Mitgliedschaften: Member of AMS Weatherband · Arbeitskreis Meteore e.V.

  • A level 2 was issued for eastern England, northern France into Benelux and northern and central Germany mainly for severe wind gusts and large hail and to a lesser extent excessive precipitation.


    A level 1 was issued for the Czech Republic, southern Germany, and eastern Austria mainly for large hail and excessive precipitation.


    Quelle: www.estofex.org

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  • Aktuell sehe ich das so, dass in der Nacht zum Freitag / Freitag morgen in einer einigermaßen flotten Westströmung von Westdeutschland ein oder zwei Hebungsgebiete auf Mitteldeutschland übergreifen. Da aber die Labilität noch nicht wirklich nach Norden vorangekommen ist, werden sich diese von West nach Ost abschwächen. Aufgrund der Eigendynamik möglicher, organisierter Systeme kann es aber überall in Thüringen noch für Gewitter reichen. Die Hauptgefahr der entkoppelten Gewitter liegt neben Blitzschlag bei Starkregen und eng begrenzt Sturmböen, Hagel weniger wahrscheinlich. Je später es dabei westlich von uns auslöst, desto mehr Energie könnte hier noch zur Verfügung stehen.


    Freitag ist das Timing dann ungünstig: Der Kurzwellentrog zieht zum Mittag bereits ab, die Kaltfront schleift hinterher und muss dann schauen, was es ohne Unterstützung aus der Höhe noch "zu fressen bekommt". Die Labilität ist gut, doch die Deckelung in der Höhe nimmt durch den nachrückenden Keil rasch zu. Immerhin könnte das für eine fotogene Rückseite sorgen, besonders wenn es nochmal kräftiger auslöst. Immerhin lehrt die Erfahrung, dass nur selten gar nichts mehr passiert.


    Insgesamt sollte der Westen (Nacht) und der Süden (Freitag tagsüber) gegenüber dem Rest leicht bessere Chancen haben.

    - wetterinteressiert und unwetterbegeistert seit Beginn der 2000er Jahre
    - TSC-Mitglied seit 2007
    - aktiver Chaser seit 2010

    - als Spotter "zur Ruhe gesetzt" seit 2018

  • Die Vorabinformation am Himmel ist da (Erfurt):

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  • Aktuell erreicht ein gealtertes Bogenecho Thüringen von Westen her. Die gewittrige Aktivität konzentriert sich dabei weiter am Südende ("tail end charlie") in Franken. Nicht auszuschließen ist, dass sich in dem alten Cluster nochmal einzelne eingebettete Gewitter einmischen, gerade mit Hilfe des Berglandes (Hebung). Die Reste des Bogenechos werden im Verlauf ostwärts ziehen und sich weiter abschwächen. Der Fokus liegt für die Nacht nun wieder auf den Westen, wo laut einheitlicher Modellsimulation weitere Cluster, teils sogar in Staffeln, nachfolgen sollen. Aktuell (20:40 Uhr) bilden sich neue Gewitter in Rheinland-Pfalz und für uns relevanter, ziehen von den Niederlanden/Belgien neue Gewittersysteme auf. Derzeit trifft es das WRF4km von Janek (heutiger Morgenlauf recht gut). Das jetzige Bogenecho ist wie simuliert auf seinem Weg nach Osten mehr und mehr ins Absterben übergegangen.


    Die nächste Aktivitätsphase ist nun grob und ohne Überraschungen nach Mitternacht bis zum Freitagmorgen zu erwarten. Dann sollen sich erneut dank der gut ausgeprägten 0-6km Scherung und der Hebung im Vorfeld eines Kurzwellentroges erenut Gewitterlinien bilden, die recht zügig ost/südostwärts ausgreifen. Demanch würde ein Zeitrahmen zw. 1:00 Uhr und 8:00 Uhr einzugrenzen sein. Mit solchen Systemen sind Starkregen, Hagel zw. 2 und 3 cm und Windböen bis Sturmstärke (zw. 75 und 90 km/h) auch nachts möglich. Ein fotografisches Schmankerl könnte solch eine Linie im Morgenlicht werden, was vom Timing durchaus passen könnte. Also die Zeiten für blaue Stunde/Sonnenaufgang mal mit in die Planung einbeziehen ;)


    Alles Weitere ist reiner Nowcast bis Morgen Früh.


    Ausblick Freitag:


    Schwierig, da vieles von den Abläufen der Gewittersysteme in der Nacht/am Freitagmorgen abhängig ist. Die Ausgangsbedingungen, die modelliert werden, lassen durchaus noch Gewitter zu, wenn auch die Dynamik etwas schwächer ausfällt als in der Nacht. Die Hauptaktivität dürfte sich einerseits von den Bergländern aus schon recht früh (Mittagszeit) entwickeln und sich andererseits an der Warmfront (Luftmassengrenze) abspielen, die aber für Thüringen zu weit nördlich/östlich liegen wird. Da über Nacht und auch morgen kein Luftmassenaustausch stattfindet, ist generell Gewitterbereitschaft gegeben. Man muss morgen, sobald die Nachtgewitter durch sind, nochmal genauer betrachten und abschätzen. Ich persönlich bin gespannt auf ESTOFEX. Level 2 wird sicher irgendwo drin sein, hier aber wohl weniger.


    //
    Markus

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  • Heute gibt es Idar-Obenstein mal mit 18z-Sounding:



    Quelle: http://weather.uwyo.edu/cgi-bi…M=0618&TO=0618&STNM=10618


    Schön erkennbar sind eine Inversion in Bodennähe, die EML ab ca. 700 hPa und reichlich DLS.
    Maurice kann ja dann noch die Beschriftung übernehmen. :grins

    - wetterinteressiert und unwetterbegeistert seit Beginn der 2000er Jahre
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    - als Spotter "zur Ruhe gesetzt" seit 2018

  • Schön erkennbar sind eine Inversion in Bodennähe, die EML ab ca. 700 hPa und reichlich DLS.

    Noch bin ich etwas unwissend auf diesem Gebiet. Deshalb würde mich interessieren für was EML und DLS stehen bzw. was es zu bedeuten hat und wie ich das in dem Sounding erkenne.

  • Da ich mich gleich hinlege, nur mal in aller Kürze die Begriffe und was es bedeutet (Die Analyse eines Soundings könnte ganze Bücher füllen...):


    EML steht für "elevated mixed layer". Das ist eine trockene Luftschicht in mittleren Höhen, welche z.B. durch Überströmen eines Gebirges (häufig Pyrenäen, Zentralmassiv, Alpen in Mitteleuropa und die Rockys in Nordamerika) entstanden ist. Aufgrund der trockendiabatischen Abkühlung kommen interessante Lapse Rates (Temperaturabnahmen mit der Höhe) zu Stande, was dann ergo auch zu mehr Labilität führt. Die trockene Schicht erhöht zudem das Risiko für Fallwinde und Hagel.


    DLS steht für "deep level shear" und ist nichts anderes als die Scherung in der Höhe von 0 - 6 km. Im oberen Sounding sehen wir einen kleinen Eintrag Richtungsscherung und einen größeren Anteil Geschwindigkeitsscherung, d.h. in der Höhe weht der Wind ganz ordentlich. DLS ist förderlich für die Langlebigkeit von Zellen oder Gewittersystemen und begünstigt bei sonst passenden Bedingungen auch die Gefahr von Superzellen.


    Alles weitere können wir gern mal in einem extra Slot, z.B. auf der Convention besprechen.

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  • Quelle: http://estofex.org


    A level 2 was issued for E-/NE-Germany, W-/SW-Poland, the Czech Republic, SE-/E-Austria, Slovakia and parts of Hungary mainly for severe wind gusts, large/very large hail, excessive rain and a few tornado events.


    A level 1 surrounds that level 2 for a similar risk with lower probabilities.


    A level 1 was issued for SW-/S-Germany, the W-Alps, Switzerland and CNTRL-/E-France mainly for large hail, a few severe downburst events and locally excessive rain.

  • Mir ist aufgefallen, dass zur Zeit doch etwas viel auf die hochauflösenden Modelle geschaut wird, ohne dass die synoptischen Rahmenbedingungen wirklich bekannt sind. Das stiftet viel Verwirrung, denn ganz so einfach ist es eben meist nicht. Die gestrigen Gewitter sind im Norden durchweg in stabilere Luftmassen hineingelaufen. Da diese im Westen Deutschlands zahlreicher vertreten waren als simuliert, wurde auch der größte Teil der Labilität verbraucht, der eigentlich erst zu uns kommen sollte. Reste gab es daher eher weiter südlich.


    Heute gestaltet es sich dann so, dass wir weiter in einer labilen Luftmasse liegen (Warmsektor), die erst in der Nacht zum Samstag durch eine schwache Kaltfront allmählich ausgeräumt wird. Cluster über Brandenburg und Bayern haben dort einen Kaltluftpool hinterlassen, der erst langsam durch Einstrahlung weggeheizt werden muss. Dazwischen (Mitteldeutschland) ist das bereits geschehen, somit sind die Bedingungen hier recht günstig. Anhand der Bewölkung (Cu, Ac) ist zu erkennen, dass es bereits hinreichend labil ist. Laut Modell kann mäßige bis hohe Labilität (bis 1.500 J/kg ML-CAPE) aufgebaut werden. Diverse Aufstiege zur Mittagszeit können darüber genauer Aufschluss geben.


    Etwas problematisch sieht es mit der Hebung aus, da der Kurzwellentrog, wie gestern bereits geschrieben, nach Osten abgezogen ist. Entsprechend blieben die Orographie oder auch mal ein wenig Hebung an der Kaltfront bzw. kleinere Vorticitymaxima im Voraus als Trigger übrig. Immerhin bleibt das Potential noch bis in die Nacht zum Samstag bestehen. Es sollte aber bei einzelnen Entwicklungen bleiben, größere Cluster sind eher unwahrscheinlich. Die Gewitter können bei leichter Scherung und einigermaßen kräftiger Höhenströmung aus West von Sturmböen, Hagel (max. 3 cm) und Starkregen begleitet sein.

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  • Schöne Quellungen Richtung Süden... eben war ein Schauer mit sehr sehr großen Tropfen in Heiligenstadt am werk...

    "Sein wir realistisch, versuchen wir das Unmögliche" Che Guevara


    Alles so geschriebene bin ich als Moderator, und alles so geschriebene ist meine freie Meinung...

  • 07.07.2017 - Starkregengewitterzellen zwischen Jena und Schmölln


    Gestern war mal wieder mehr der Starkregen mit Fallstreifen auf dem Programm. Es traf auf irgendwie immer die gleichen Gebiete.


    Bei Vollradisroda



    Bei Rüdersdorf dann eine dicke Gewitterlinie Blick Richtung Süden ( 18.15 Uhr )



    Bei Schmölln (18.30 Uhr) habe ich mich vor die Front gesetzt. Mein geliebter Aussichtspunkt ist mittlerweile von blöden Windrädern verschandelt. Die Front schwächte sich dann aber auch schnell ab.



  • Von mir noch fix zwei Bilder vom 07. Juli. Ich hab mich zum Spotten bei Mörsdorf platziert, auch wenn ich eigentlich gar nicht so motiviert war und auch nicht allzu viel erwartet habe. Strukturell war´s auch nix, aber es gab ein paar schöne Lichtstimmungen und Mammati vor den im Westen von der Abendsonne beschienenen Quellungen.




    Später kamen noch Ronny und kurz darauf auch Stephan mit Josua vorbei. Manchmal trifft man sich bei den unspektakulärsten Lagen. :grins