22.06.2021 | Stormchasing in Franken und der Oberpfalz

  • Hallo zusammen,


    am 22.06.21 stand eine Gewitterlage an. Schwerpunkt lag einerseits in Südbayern, andererseits war auch in der Mitte Bayerns mit Gewittern zu rechnen.

    Nachdem ich mit Markus in Kontakt stand und er zusammen mit Marco in die Region Nürnberg fahren wollten, konnte ich mich ihnen anschließen. Das Chasen alleine in unbekannten Gebiet ist schließlich sehr schwer, vor allem was die Koordination zwischen Radar verfolgen, Standortsuchen und Autofahren anbelangt. An dieser Stelle schon einmal danke fürs mitnehmen!


    Um 15:30 Uhr konnte ich in Tirschenreuth Feierabend machen und es ging direkt im Anschluss ins Zielgebiet Nürnberg. Schon zum Feierabend hin haben sich erste Gewitter südwestlich von Nürnberg entwickelt, welche sich aber nicht durchsetzen konnten. Die Zelle, die es an diesem Tag werden sollte hat ihren Ursprung in der Nähe von Schwäbisch Hall in Nürnberg:


    Radar HD+, Regenradar vom 22.06.2021, 16:00 Uhr - Baden-Württemberg | Wetter von kachelmann.


    Um 17 Uhr trafen Markus, Marco und ich in Nürnberg ein, wobei ich wenige Kilometer hinter den beiden auf der Autobahn war. Markus war an diesem Tag Fahrer, während Marco die Navigation übernahm. Nachdem sich mittlerweile die Zelle herauskristallisiert hatte, welche das Rennen für diesen Tag machen sollte, sind wir weiter Richtung Ansbach gefahren. In der Nähe von Lichtenau haben wir uns schließlich das erste mal getroffen und uns besprochen, wie wir die Zelle anfahren, da unser Standort, die Zugbahn der Zelle und das Straßennetz nicht richtig in Einklang gebracht werden konnte. Das Gewitter war zu diesem Zeitpunkt (17:20 Uhr) noch ca. 40km westlich von uns. Es standen drei Optionen im Raum:

    • Die Zelle nach Westen direkt anfahren mit der Gefahr, dass wir Aufgrund des Straßennetzes nicht mehr vorne wegkommen
    • Nordostwärts über Landstraßen die Zelle nördlich von Nürnberg abfangen
    • Zurück über die A6 bis Nürnberg fahren, weiter auf der A73 oder A9 nach Norden und dort auf die Zelle warten

    Schließlich haben wir uns für die zweite Variante entschieden, was sich als die richtige Option herausgestellt hat, da die Zuggeschwindigkeit weiterhin moderat blieb.


    Den ersten Blick auf das Gewitter hatten wir bei Steinbach westlich von Nürnberg. Es waren bereits erste Strukturen im Dunst zu erkennen, doch es ging schnell weiter:



    Wir fuhren schließlich weitere Kilometer nordwärts und haben in der Nähe von Obermichelbach erneut gehalten, dieses mal etwas länger. Es war mittlerweile 18:30 Uhr und die Zelle schien sich gerade neu zu formieren. Zu diesem Zeitpunkt wies das Gewitter kaum noch Blitze auf (Radar HD+, Regenradar vom 22.06.2021, 18:30 Uhr - Erlangen-Höchstadt | Wetter von kachelmann.).

    Nichtsdestotrotz bildete sich gerade eine Wallcloud aus, welche kurze Zeit später eine Tailcloud in den Niederschlagsbereich dahinter formierte.




    Kurz bevor wir weitergefahren sind, entdeckte Marco noch einen kleinen Funnel (Bildmitte oben), welcher sich aber innerhalb von Sekunden wieder aufgelöst hat:



    Schließlich ging es weiter Nordostwärts. Nach wenigen Kilometern machten wir noch einmal ein paar Fotos in der Nähe von Hüttendorf.



    Nach dem Foto mussten wir kurz noch recht nah an den Niederschlag ranfahren, bevor es auf der A3 zunächst südöstlich, dann weiter auf der A9 nach Nordosten ging. Ziel war es, mit ausreichend Abstand wieder vor das Gewitter zu kommen, was aufgrund des Umweges über die A3 gar nicht so einfach war. Zum Glück gab es keinen Feierabendverkehr, sodass wir rechtzeitig wieder vor das Gewitter kamen.


    An der Kreuzung von der A3 zur A9 ist mir noch eine sehr rundgeschliffene Quellung aufgefallen, welche ich aber leider nicht auf ein Foto bannen konnte. Vielleicht hat Marco als Beifahrer noch ein entsprechendes Foto dazu.


    Auf der A9 waren schließlich immer wieder Strukturen hinter uns zu sehen, doch die Standortsuche in der fränkischen Schweiz ist sehr schwierig. Überall ist sehr viel Wald und alles ist sehr hügelig. Dank der hervorragenden Navigation von Marco haben wir aber schließlich ohne viel Umweg eine gute Sicht auf das aufziehende Gewitter bekommen. Es war mittlerweile 19:30 Uhr (Radar HD+, Regenradar vom 22.06.2021, 19:30 Uhr - Bayreuth | Wetter von kachelmann.) und das Gewitter hat mittlerweile den ersten Hagel geworfen. Das Doppler Radar zeigte zudem Rotation. Strukturell war das mein persönliches Highlight des Tage, wenn gleich es noch lange nicht vorbei war. Durch die mittlerweile recht tiefstehende Sonne, verfärbte sich der Himmel im Hintergrund gold-gelblich. Seht am besten selbst:








    Schließlich war die Böenfront über unseren Köpfen und wir mussten weiter, um es noch einmal vor das Gewitter zu schaffen. Nach einer kurzen Dusche haben wir es zur B470 geschafft, welche sich als hervorragende Chasing-Autobahn herausgestellt hat. Aus diesem Grund konnten wir wieder einen guten Abstand herausfahren und hatten bei Kirchenthumbach um 20:12 Uhr erneut einen schönen Blick auf das aufziehende Gewitter.



    Nach einem weiteren kurzen Halt in der Nähe von Pressath ging es weiter nach Weiden in der Oberpfalz.



    Kurz vor Weiden konnten wir in Neunkirchen noch einmal einen super Blick genießen. Zu unserer Freude wurde sogar der Aufwind sichtbar, was ein geniale Stimmung zusammen mit der goldenen Stunde ergab. Der Anblick war für mich das zweite Highlight des Tages. Leider entwickelten sich zunehmend mehr Gewitter, unter anderem eins südlich von Weiden, was es an unserem Standort hat regnen lassen.





    Die tschechische Grenze war mittlerweile nicht mehr weit weg, was auch bedeutete, dass sich das Chasing dem Ende neigte. Ein letztes Mal wollten wir aber nochmal davor kommen. Noch dazu war in kürze Sonnenuntergang, sodass wir uns noch einmal eine schöne Lichtstimmung erhofft haben. Es ging schließlich über die A93 erst nach Norden und dann ostwärts weiter. Meinen Heimathügel in Tirschenreuth mit guter Fernsicht haben wir zeitlich leider nicht mehr erreicht, dafür haben wir einen guten Blick mit einer freistehenden Kirche in Ilsenbach gefunden. Und weil alle guten Dinge drei sind, war dort mein drittes Highlight. Denn während es während des gesamten Chasings nur sehr sporadisch Blitze zu sehen gab, hat das Gewitter direkt zum Sonnenuntergang richtig angefangen zu feuern. Auf meinen Aufnahmen habe ich 23 Blitze in 10 Minuten gezählt, wobei ich sicherlich nicht alle erwischt habe. Meine Vermutung ist, dass das von Süden entstandene Gewitter sich mit unserer ausgescherten Zelle vereint hat (Radar HD+, Regenradar vom 22.06.2021, 21:10 Uhr - Tirschenreuth | Wetter von kachelmann.). Dadurch haben sich die Ladungen wohl noch einmal durchgemischt und für ein Blitzfeuerwerk gesorgt. Anton könnte das bestimmt im Detail erklären. Kurz darauf hat sich unser Gewitter schließlich aufgelöst.




    Bei diesem Bild ist mir noch etwas sehr interessantes aufgefallen. Während die beiden linken Blitze ausgehend von der Wolken in den Boden einschlagen, geht der recht Blitz im Hintergrund vom Boden aus und erstreckt sich gen Himmel. Dieser endet aber abrupt mitten in der Luft.
    EDIT: Ich wurde darauf hingewiesen, dass der rechte Blitz aus dem Inflowband stammen könnte, denn dieses ist tiefer als die Wolkenbasis.





    Schließlich haben wir uns noch überrollen lassen mit der Hoffnung, Rückseitig noch ein paar Fotos machen zu können. Da sich das Gewitter aber aufgelöst hat, haben wir uns auf den Heimweg gemacht, welcher für mich glücklicherweise nur noch ein paar Minuten gedauert hat.


    Zuletzt habe ich noch ein Zeitraffer des gesamten Chasings. Zum Schluss des Videos sind noch zwei kleinere Zeitraffer der DSLR.


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    Fazit: Bei diesem Chasing haben wir viel richtig gemacht, was wir vor allem der guten Navigation von Marco zu verdanken haben. Alleine wäre das zumindest für mich nicht machbar gewesen, wenngleich die Zelle recht langsam zog, was auch kurze Verschnaufpausen erlaubte. Insgesamt bin ich über 400km an diesem Tag gefahren, wobei fast 200km reines Chasing waren. In der Nachbetrachtung war das auf jeden Fall das beste Chasing, welches ich bis jetzt mitmachen konnte, wenn gleich der 01.08.2017 in Thüringen und auch der 16.06.2016 mit mehreren Superzellen in Niederbayern fast auf Augenhöhe sind.


    Viele Grüße

    Thomas

  • Ach wie schön. Danke für den ausführlichen Bericht und das Lob. Das gebührt Markus für seine zielstrebige Lageeinschätzung / Fahrweise genauso wie dir im Hinblick auf den Ortstipp nahe deines Wohnortes. Ohne den wären wir St. Quirin (so heißt die Kirche) wohl nie begegnet. Das war wirklich episch; genauso wie der ganze Tag von Halt zu Halt ideal verlief. Das konnten wir an mancher Stelle wohl auch nur forcieren, weil die Zelle keinen Großhagel produzierte. Noch einmal vielen Dank für die Eindrücke. Ich beneide dich jetzt schon um die Doppelentladung hinter der Kirche ;) LG Marco PS: Die Neuentwicklung mit dem geschliffenen Aufwindturm müsste bei Markus mit auf dem Zeitraffer sein (bei dir vielleicht auch).

  • Ich kann mich nur an alles anschließen und bedanken! Eine tolle Jagd!

    1. Vorsitzender Thüringer Storm Chaser e.V.
    ESSL Voluntary Observer Person (Qualitätslevel QC1) (European Severe Storms Laboratory)
    Weitere Mitgliedschaften: Member of AMS Weatherband · Premium Advanced Spotter (Skywarn Deutschland e.V.) · Arbeitskreis Meteore e.V.

  • Thomas Klein

    Hat den Titel des Themas von „22.06.2021 - Stormchasing in Franken und der Oberpfalz“ zu „22.06.2021 | Stormchasing in Franken und der Oberpfalz“ geändert.