- Offizieller Beitrag
Am Freitagabend und der Nacht zum Samstag sowie am Samstag steht eine neuerliche, potentielle Schwergewitterlage und gleich nachfolgend noch eine "gewitterunabhängige Sturmlage" an. Was Gewitter betrifft, ist besonders die Nacht zum Samstag als Schwerpunkt zu sehen, wenn sich moderate CAPE-Werte mit hoher Scherung bei einem nahenden Sturmtief im Warmsektor überlappen und möglicherweise noch eine Konvergenz ins Spiel kommt. Am Samstag können mit Kaltfrontdurchgang weitere kräftige Gewitter auftreten. Auf der Rückseite des Sturmtiefs zeichnet sich außerdem eine Sturmlage für die 2. Tageshälfte ab, die Böen zw. Bft. 8 und 9 bis ins Tiefland auftreten lassen kann, im Bergland teils schwere Sturmböen. Ein turbulentes und potentiell schadensträchtiges Wochenende steht bevor.
Freitagabend/Nacht zum Samstag:
:Gewitter (leicht o. mäßig)
Vom Atlantik her nähert sich der Höhentrog allmählich Westeuropa. Korrespondierend dazu wird ein Bodentief etwa von der Biskaya über Ärmelkanal Richtung Dänemark ziehen. Im Vorfeld dreht die Strömung wieder auf Südwest, bodennah auf Südost. Dabei werden abermals feucht-warme bzw. -heiße Luftmassen vom Süden Deutschlands nach Norden advehiert. Die Luftmasse ist zunächst noch gedeckelt (CIN zw. -50 und -75 J/kg) und dynamische Hebungsantriebe bleiben vorerst aus. Besonders zum Abend und in der Nacht steigen die CAPE-Werte auf 800 - 1.100 J/kg, Lapse Rates zw. 5 und 6, später 7 K/km, KO-Index teils über -10 sowie einer hoher Gehalt an niederschlagbarem Wasser (teils über 30).
Am Nachmittag/Abend sind über den Bergländern erste Gewitter möglich, die rasch mit Starkregen, Hagel und Sturmböen verbunden sein können. Mit Annäherung des Sturmtiefs ist die Bildung einer Konvergenz möglich, die die konvektive Aktivität explosionsartig zünden/rasch verstärken kann. Mit erhöhten Scherungswerten von bis zu 20 km/h (0-6 km), teils bis 10 km/h (0-1 km) und einer Helizität von 150 - 200 m^2/s^2 sind Superzellen, später auch Squall lines und Bow Echos zu erwarten, die sich sehr schnell verlagern und schadensträchtige, breitflächige Böenfronten vor sich her schieben. Bei den Superzellen ist mit erhöhter Tornadowahrscheinlichkeit zu rechnen. Betrachtet man dabei die ungünstige Zeit und nicht zuletzt die Ferien, so sind Campingplätze, Veranstaltungen und besonders der Umkreis von Bäumen äußerst gefährdet an diesem Wochenende. Ich sehe da ein hohes Schadenspotential, zumal der Höhepunkt auch noch im dunkeln stattfinden wird. Das erhöht die Gefahr zusätzlich und ist auch für Chaser eine gefährliche Lage.
Fazit: Freitagabend beginnend und in der gesamten Nacht von Südwest nach Nordost schwere Gewitter mit allen denkbaren Zutaten und Unannehmlichkeiten zu einer unschönen, gefahrerhöhenden Zeit.
Unsicherheit: Ungünstige Überlappung und weniger konvektive Aktivität
Samstag:
:Gewitter (leicht o. mäßig)
Gewitter:
...wird durch Timing und Position des Tiefs im Detail abhängen: Am Morgen/Vormittag werden uns eventuell noch Reste der nächlichen Gewitter beschäftigen, die vormittags schwächer werden dürften und nordostwärts abziehen. Da noch kein nennenswerter Luftmassenwechsel erfolgt ist, wenn gleich auch die Labilität durch die Konvergenz schon gut gebraucht wurde, kann sich vor der Kaltfront nicht mehr zu viel Labilität aufbauen (Werte unter 500 J/kg), was dem geneigten CAPE-Karten-Gucker enttäuschen lässt, beim Blick auf die Konstellation einer Sturmtief-Kaltfront bei sehr hoher Scherung dem näheren Betrachter sofort sämtliche Warnleuchten ins Auge pfeifft. Freilich ist die labile Luftmasse noch ein Stück vorteilhafter (im Bild des Chasers) bzw. von Nachteil (im Bild aller Anderen) für kräftigere Entwicklungen. Wie weit diese schon im Osten liegt, ist jetzt einfach noch nicht zu bestimmen.
Im Gegensatz zum Vortag legt die Scherung nochmal eins drauf: 30 - 35 km/h 0-6km, 10-15 km/h 0-1km, SRH geringer mit 50 bis nahe 100 m^2/s^2, dazu ein kräftiger 850er Wind und die nahende Kaltfront. Diese Konstellation ist wie gemacht für erneute linienhafte Konvektion, die sich von Westen kommend nach Nordost verlagert. Auf breiter Fläche sind dann abermals Sturm-, schwere Sturm- bis hin zu einzelnen Orkanböen durch heruntermischen der Oberwinde drin. Aber aufgepasst! Ein paar Veränderungen im Timing und schon kann das ganze Spektakel auch glimpflicher abgehen.
Sturm ("Sommersturm"):
Ich kann mich persönlich nicht erinnern, einen "Sommersturm" (außer den Ende Mai 2000) wie wir ihn aus Herbst/Winter kennen, Ende Juli gehabt zu haben - einen Frühlingsorkan hatten wir allerdings auch in diesem Jahr, warum dann nicht auch im Sommer mal ein Sturmtief wenn belaubte Bäume noch leichter fallen können, Campingplätze voller sind und Ferienwochenenden Veranstaltungen garantieren.
Es zeichnet sich nach heutigen (DO) Modellläufen der Windhöhepunkt für die 2. Tageshälfte bis in die Nacht zum Sonntag hinein ab. In 850 hPa (ca. 1.500 m Höhe) werden volle Sturm- bzw. schwere Sturmstärke erreicht, sodass mit häufigen und auch im Tiefland wiederholten Böen ab Bft. 8 (bis 74 km/h) und Sturmböen bis 88 km/h (Bft. 9) zu kalkulieren ist. In den Bergen drohen noch häufiger Sturmböen sowie einzelne Spitzen um 100 km/h.
Die Windsituation entspannt sich zum Sonntagvormittag.
Fazit: Zunächst Kaltfrontdurchgang mit heftigen Gewittern, Wind die größte Gefahr durch breitflächige Böen und einzelne herabgemixte Höhenwinde. Später dann Sturmlage bis in die Nacht zum Sonntag mit Spitzen zw. 70 und vereinzelt 90 km/h Flachland, in den Bergen häufiger Sturmböen, vielleicht auch punktuell mehr auf den Gipfeln.
Unsicherheit: Konvektive Aktivität an der Kaltfront stärker/schwächer, Zugbahn und Stärke des Tiefs
Ein weiteres Update am Freitagabend.
Markus/Chris